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"Über den Literaturnobelpreis 2019 freuen sich gewiss viele in Österreich, darunter auch ich": Mit diesen Worten hat der emeritierte Grazer Bischof und Literaturkenner Egon Kapellari auf die wichtigste Literatur-Auszeichnung für den 76-jährigen Kärntner Schriftsteller Peter Handke reagiert. Seine "Verbundenheit mit ihm in Nähe und Distanz" reiche zurück in die Zeit von 1982 bis 2001 als Kärntner Diözesanbischof, erinnerte der selbst als vielfacher Buchautor erfolgreiche Kapellari. Unter dem Titel „Verwandlung und Bergung der Dinge in Gefahr“ veröffentlichte Kapellari 2014 ein Buch über Religiöses im Werk von Peter Handke.
In seiner Stellungnahme gegenüber "Kathpress" am Donnerstag hielt der kulturversierte Bischof freilich fest, Handke sei "von niemandem und schon gar nicht von der katholischen Kirche zu vereinnahmen". Kapellari beendete seine Würdigung mit den Worten: "Ich gratuliere aus Graz dem Kärntner aus Griffen in Chaville bei Paris."
Auf die "offene Weise" Peter Handkes, religiös zu sein, hat am Donnerstag auch einer der besten Handke-Kenner in Österreich, der Grazer Theologe Harald Baloch, aufmerksam gemacht. Im Gespräch mit "Kathpress" erwähnte der frühere Bildungsreferent der Katholischen Hochschulgemeinde und Verfasser einer Dissertation über "Religion und Ritus in Werken Peter Handkes" eine Neuausrichtung, die der neue Literaturnobelpreisträger in den 1970er-Jahren in seinem Schaffen vornahm: Von seiner frühen Kritik an Sprache - auch der kirchlich-liturgischen - als Einengung von Individualität sei Handke dazu übergegangen, Literatur als Möglichkeit zu sehen, Glückserfahrungen "wie in einem Tabernakel" bleibend zu bewahren. Und die Liturgie bot die geeignete "Form" dafür, so Baloch im Blick auf das Werk Handkes.
"Offen religiös" sei der Literat in dem Sinne, dass er eine rein materialistische Sichtweise der Wirklichkeit als Tod der Phantasie sehe. Schon 1976 finde sich in seinen Tagebüchern die Notiz, dass das Warten auf die Ankunft oder das Ausbleiben eines Gottes von der "Fixierung auf das Gegebene" befreit.
Quelle: kathpress
Neben Peter Handke für 2019 erhält auch die Polin Olga Tokarczuk den Literaturnobelpreis, sie für das Jahr 2018. Erstmals seit Jahrzehnten hat die Schwedische Akademie, deren Mitglieder die Auszeichnung vergeben, damit gleich zwei Literaturnobelpreisträger bekanntgeben. 2018 war das Gremium durch eine Affäre um Indiskretionen, sexuelle Übergriffe und Veruntreuung handlungsunfähig und hatte keinen Preisträger ermittelt.
Die aktuell mit umgerechnet rund 828.000 Euro dotierte Auszeichnung gilt als der weltweit bedeutendste Preis für Literatur. Die Nobelpreise werden am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel, in Stockholm überreicht.
Harald Baloch hält am 22. Oktober um 19 Uhr im Grazer Universitätszentrum Theologie (Hörsaal 47.02) einen Gastvortrag mit dem Titel "Verwandlung und Bergung der Dinge in Gefahr. Peter Handke und die Liturgie". Dazu eingeladen hatte noch vor der Entscheidung des Nobelpreiskomitees das Grazer Institut für Systematische Theologie und Liturgiewissenschaft.