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Viele erinnern sich: Ende Juni 1997 war Graz eine Woche lang voller Leben, als in der steirischen Hauptstadt die 2. Europäische Ökumenische Versammlung stattfand. Die erste Versammlung, bei der auch die Ostkirchen dabei waren, so Kurienkardinal Kurt Koch. Er hat damals als Bischof von Basel beim großen Gottesdienst auf der Grazer Passamtswiese gepredigt.
Am 10. Juni 2022 war Kurienkardinal Koch als Präsident des „Päpstlichen Rates zur Förderung der Einheit der Christen“ zu Gast in Graz, um über die „ökumenischen Herausforderungen in Europa heute“ zu sprechen. In seinem Vortrag verweist der Kardinal auf das Jahr 1054 mit der gegenseitigen Exkommunikation der Kirchenoberhäupter von Rom und Konstantinopel und der Spaltung zwischen West- und Ostkirche. Im 16. Jahrhundert sie eine weitere Kirchenspaltung erfolgt: „Martin Luther wollte eine Reform der Kirche, sondern forderte eine Rückkehr zum Evangelium. Er wollte keine spaltende Reformation oder gar eine Sonderkirche.“ Die Konsequenz waren allerdings blutige Glaubenskriege und eine Entfremdung unterschiedlicher christlicher Strömungen.
Das Ergebnis sei eine Christenheit, die sich über die Jahrhunderte auseinandergelebt habe. Während in der Westkirche Staat und Kirche zwar partnerschaftlich handeln, aber grundsätzlich getrennt seien, dominiere in der Ostkirche eine Verbindung zwischen Kirche und Staat verbunden mit nationalistischen Tendenzen. Das führe so weit, dass der Moskauer Patriarch Kyrill es „wagt, den Krieg in der Ukraine religiös zu motivieren“. Das sei eine absolut unverständliche Position, so Kardinal Koch. Die Meinungen driften weit auseinander und die Kirchen wirken wie eine zankende Christenheit. „Damit wäre die Kirche abgeschrieben“, meint Kardinal Koch. Dazu kommt, dass der Zeitgeist einer Versöhnung nicht in die Hände spielt. Der immer stärker werdende, postmoderne Pluralismus und die Säkularisierung (schwindende Kirchenbindung) seien ein massiver Gegenwind für die Einheit der Kirchen und die Einheit der Menschen. „Dabei führt die Ausblendung Gottes zur Gefährdung des Menschen“, ist Kardinal Koch überzeugt.
Die ökumenische Bewegung (das Zusammenführen der christlichen Kirchen) sieht der Kurienkardinal als „einen Leuchtturm in einer blutgetränkten Umgebung“. Es sei die Aufgabe aller christlichen Kirchen, die Einheit wiederherzustellen, die Jesus Christus vorgelebt und sich gewünscht habe. Diese Einheit habe kulturelle Wurzeln: Der christliche Glaube hat das Beste aus der griechischen und der römischen Kultur zusammengeführt und mit der Spiritualität aus Jerusalem bereichert. Das Ergebnis sei die Ehrfurcht vor der Menschenwürde, die Achtung der Menschenrechte, ja die Humanität schlechthin. Kardinal Koch sieht viel Verbindendes zwischen den christlichen Kirchen: „Wir haben einen Gott, eine Taufe, einen Glauben, sind alle ein Leib“, zitiert er aus Paulus‘ Brief an die Epheser und nennt Einheit in der Vielfalt als Ziel des ökumenischen Bestrebens.
Am Weg zur mehr Einheit hofft der Kardinal auf zwei Jubiläen: 2025 wird 1700 Jahre Konzil von Nicäa begangen, das wegweisend für die gesamte Christenheit war. Und 2030 folgt 500 Jahre Augsburger Bekenntnis, bei dem es um die Versöhnung und Bewahrung der Einheit gegangen sei. Jedenfalls führe an der Ökumene kein Weg vorbei. „Sie ist notwendig für die Glaubwürdigkeit der Kirche und entspricht dem Willen Gottes“, so Kardinal Kurt Koch.
Die ökumenische Gesinnung ist ein Kind des Zweiten Vatikanischen Konzils. Ein beispielgebender ökumenischer, ja, pfingstlicher Geist war dort zugegen, als sich katholische Amtsträger und Theologen mit jenen der orthodoxen und altorientalischen Kirchen sowie mit den protestantischen Kirchen auf einen gemeinsamen Weg begaben. Heute würden wir das „synodaler Weg“ nennen.
Es war überaus beglückend, dass im Juni 1997 – wenige Jahre nach dem annus mirabilis 1989 und dem Fall des Eisernen Vorhanges – so zahlreich Amtsträger und Repräsentanten mit vielen tausenden Gläubigen erstmals auch aus dem Osten Europas zur Zweiten Europäischen Versammlung nach Graz kommen konnten. Es herrschte eine breite ökumenische Aufbruchsstimmung, ja Feierstimmung, möchte ich sagen. Aus heutiger Sicht war dies ein Meilenstein auf dem Pilgerweg, auf dem wir Christen ökumenisch unterwegs sind; auf unserem gemeinsamen Pilgerweg, wie es unser Heiliger Vater gerne formuliert.