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Die Vertreter einer Pfarrgemeinde sollten ihre "binnenkirchliche Brille" ablegen und den Blick weiten auf die vielfältigen Formen des - auch christlichen - Engagements, die es außerhalb herkömmlicher Aufgabenbereiche einer Pfarre gibt. Dazu hat Gabriele Viecens, Referentin für lokale Kirchenentwicklung in der Diözese Hildesheim ermutigt. In ihren Ausführungen beim vierten und letzten Online-Forum im Rahmen des österreichweiten Pfarrgemeinderats-Kongresses sagte sie am Abend des 6. Mai 2021, es sei falsch, ständig nur auf das schwindende kirchliche Leben zu schauen und davon frustriert zu sein. "Glauben wir denn wirklich, dass Gott seine Kirche über die Jahrtausende gebaut hat und plötzlich sagt: Leute, macht mal alleine weiter?", sprach Viecens den rund 200 online Teilnehmenden Mut zu.
Die Autorin mehrerer Bücher zum Thema Partizipation in der Kirche war eine von vier Fachleuten, die seit 12. April Inputs im Hinblick auf die Pfarrgemeinderats-Wahlen in den österreichischen Pfarren im März 2022 gaben. Ziel war der Austausch über die Leitfrage: Wie in Pfarrgemeinden zu Beteiligung motivieren? Eingeladen hatten dazu die heimischen Diözesanbischöfe.
Viecens berief sich in ihrem Plädoyer für einen Blickwinkel jenseits der Kirchturmperspektive auf Papst Franziskus. Dieser habe von der "Versuchung" gesprochen, engagierte Laien nur dort zu sehen, wo sie in den Werken der Kirche, in der Pfarrgemeinde oder der Diözese tätig sind. Viel zu wenig habe man kirchlicherseits darüber nachgedacht, wie sich Getaufte im öffentlichen Leben einsetzen, da, wo sie arbeiten und sich einbringen. Ohne uns dessen bewusst zu sein, habe man nach den Worten des Papstes "eine Elite von Laien hervorgebracht in dem Glauben, dass nur jene engagiert sind, die mit den Dingen der Priester befasst sind" bzw. sich nur im innerkirchlichen Bereich bewähren.
Viecens sieht die Kirche hier vor einem "ganz radikalen Paradigmenwechsel". Die Aufgabe der Pfarrgemeinderäte werde aus ihrer Sicht sein, das Bild von christlicher Gemeinde über das Binnenkirchliche hinaus zu weiten, ohne die Verantwortung für die gelebte Religiosität in der Pfarre zu abzulegen. Beim "Mut zum Experimentieren" seien wohl Fehler zu erwarten, dennoch brauche es "den Mut, trotzdem immer neue Schritte zu wagen, auf Menschen zuzugehen".
Immer wieder werde sie gefragt, wie man junge Menschen dazu bringen könne, in der Pfarre mitzuarbeiten. Dieses Problem hätten ganz viele Vereine. Jedoch, so die Pastoralreferentin, die pauschale Diagnose, dass sich die Jugend weniger engagiert als früher, sei falsch. Und Einsatz für das "Reich Gottes" erfolge auch auf ganz andere Weise als nur binnenkirchlich. Viecens glaubt nicht, wie sie sagte, "dass wir eine Chance haben, dass junge Menschen auf jenen Zug aufspringen, der die letzten 20 Jahre fährt, und ihn dann weiterführen werden. Da werden neue Züge aufs Gleis gesetzt werden." Auch für Pfarrgemeinderäte werde sich die Frage stellen: Darf sich Neues entwickeln, auch außerhalb der gewohnten Bereiche?
Als Beispiel für einen radikalen Neuanfang berichtete Viecens von der französischen Erzdiözese Portiers, die verarmt und mit wenig Priesternachwuchs als "Missionsbistum" eingestuft worden sei. Erzbischof Albert Rouet sei mit einem kleinen Auto in die vielen Dörfer seiner Diözese gefahren und habe sich vor Ort ein Bild gemacht. "Herr Bischof, die Post ist gegangen, die Bank ist gegangen. Geht die Kirche jetzt auch?", habe er zu hören bekommen. Rouets Ansatz sei es dann gewesen: "Wenn es Menschen gibt, die bereit sind, hier an einem konkreten Ort das Antlitz der Kirche zu sein, dann geben wir denen alles, was sie brauchen." Es seien örtliche Gemeinden entstanden, wo engagierte Ehrenamtliche in ihren Talenten gefördert, unterstützt und ausgebildet wurden, um Verantwortung vor Ort zu übernehmen. "Es braucht sehr viel Vertrauen, dass man Menschen in so eine Berufung schickt und sie dann nicht allein lässt", sagte Viecens.
In der Diözese Hildesheim habe man lange Zeit große Pfarrverbände fusioniert, wo allerdings die Menschen viel zu weit voneinander entfernt waren. Funktioniert hätten dann Teams gemeinsamer Verantwortung an konkreten Orten mit einer überschaubaren Zahl von Menschen, die dort leben und wo auch die Beziehungsebene gelinge. Viecens warnte davor, dass sich Pfarrer oder auch Pfarrgemeinderäte als "Flaschenhälse" sehen, die quasi "im Zentrum des Sturms" stehend an Mithelfende Aufgaben verteilen. Notwendig sei es dagegen, die Begabungen der Menschen im Blick zu haben und als "Türöffner" zu fungieren. (Quelle: Kathpress)
Seit mehr als einem halben Jahrhundert werden in Österreich als Folge des Zweiten Vatikanischen Konzils Pfarrgemeinderäte und -rätinnen direkt gewählt. Alle fünf Jahre haben rund 4,5 Millionen wahlberechtigte KatholikInnen die Möglichkeit, eine Funktion in ihrer Pfarrgemeinde zu übernehmen oder mit ihrer Stimme einer Kandidatin/einem Kandidaten das Vertrauen auszusprechen. Rund 28.000 Personen stellen sich dieser Verantwortung. Das nächste Mal ist es am 20. März 2022 wieder so weit.
Info: www.pfarrgemeinderat.at