Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Der Altmeister der katholischen Bibelauslegung aus der “Integrierten Gemeinde” in München legt hier ein neues Buch über Jesus von Nazareth vor. In einem Nachtgespräch mit einem Literaturwissenschaftler tastet er sich an das Geheimnis des Wanderpredigers aus Galiläa heran. Er sieht Jesus als glaubenden Juden, vor dem Hintergrund des jüdischen Denkens; den hellenistischen Hintergrund der Evangelien lässt er weg. Gleich zu Beginn distanziert er sich von der profanen Sichtweise der Kulturwissenschaften (W. Bousset und G. Theißen), denn er wählt einen spirituellen Zugang zur Person Jesu; sehr ähnlich wie Joseph Ratzinger in seinen Jesus-Büchern. Er beginnt mit den sperrigen und provozierenden Jesusworten, die er für authentisch hält. Jesus habe als Bauarbeiter (tekton) in Sephoris gearbeitet, er sei unverheiratet gewesen (ohne Quellenangabe), habe sich später von seiner Sippe getrennt und sich den Johannes-Jüngern angeschlossen. In seiner eigenen Bewegung habe er das “Reich Gottes” (malkut Jahwe) verkündet, die Erzählungen über sein leben seien zutreffend. Vier Brüder werden genannt und mehrere Schwestern Jesu. Er habe Kranke geheilt und Tote zum Leben erweckt, in ihm seien göttliche Kräfte wirksam gewesen. Seinen gewaltsamen Tod habe er vorausgesehen. Den Messias-Titel habe er aus politischen Gründen gemieden, doch den Titeln “Menschensohn” und göttlicher “Sohn” sei er sehr nahe gekommen.
In der Verkündigung Jesu seien viele innere Spannungen, nämlich zwischen Gericht und Gnade, zwischen Gewaltandrohung und Friedensrufen, zwischen der Zukunft und der Gegenwart, zwischen Israel und den anderen Völkern, zwischen dem Alten und dem Neuen. Doch eine “Reichskirche” hätte es nach dem Programm Jeus niemals geben dürfen (S. 159). Jesus habe die Forderungen der Tora niemals aufgegeben, er habe diese vereindeutigt. Daher sei er mehr als ein Prophet gewesen, denn er habe mit göttlicher Vollmacht gesprochen und gehandelt. Mit ihm werde das erfüllt, was die Propheten und Könige Israels ersehnten. Die Urgemeinde habe mit ihren Titel für Jesus an dessen Selbstbewusstsein angeknüpft, die späteren Dogmen der Kirche hätten dieses Selbstbewusstsein richtig weiter entfaltet.
Dies ist ein spannendes spirituelles Buch, doch es genügt nicht den Forschungen der profanen Kulturgeschichte. Auch werden die dunklen Seiten der Predigt Jesu, die vielen Gerichtsreden und Höllendrohungen geschickt zugedeckt. So entsteht das Bild eines sanften und friedfertigen Jesus. Dass es in der Jesusbewegungen auch gegenläufige Bestrebungen gegeben haben könnte, wird nicht erwähnt. Trotzdem ein wichtiges Buch für die spirituelle Vertiefung in die Person und die Verkündigung Jesu.
Zielgruppe: Theologen, Seelsorger, Religionslehrer, Erzieher, Journalisten, spirituelle Menschen, kritische Laienchristen.
(Prof. Anton Grabner-Haider, Graz)