Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Was ist der Gewinn der Revision?
Die im April 2016 von Rom genehmigte und nun in einer bunten Reihe verschiedener Ausgaben zur Verfügung stehende Bearbeitung (Revision) der Einheitsübersetzung von 1980 für die deutschsprachigen Diözesen stellt zweifellos einen großen positiven Impuls für die Lektüre der Bibel in der Liturgie, in Bibelrunden sowie für die persönliche Schriftlesung dar. Neue, veränderte Texte wecken stets neue Aufmerksamkeit beim Hören und beim Lesen. In der Tat ist durch die Revisionsarbeit von 8 Jahren so manches Wort der Bibel wieder neu und nicht selten vielleicht auch lebendiger geworden.
Dazu nun einige Hinweise.
Die Bearbeitung orientiert sich wieder stärker an den Ursprachen der Bibel und lässt gerade dadurch, dass sie nicht so glatt ist wie die alte Einheitsübersetzung, neu auf die verkündeten Texte hören. So stehen z. B. wieder mehr Bilder für Begriffe wie Hand oder Arm für Macht und Gewalt; auch das biblische Wörtchen „siehe“ begegnet wieder öfter als Anstoß zur Aufmerksamkeit. Statt ‚wohl dem/denen‘ klingt das „selig“ wieder durch die Bibel. Die Anrede „Brüder und Schwestern“ vor den Mahnungen der Paulusbriefe berücksichtigt nun ausdrücklich auch die Frauen; das gilt auch für inklusive (einschließende) Formulierungen wie Eltern/Kinder statt nur Väter/Söhne.
Als deutliches Beispiel gerade in diesem Zusammenhang ist natürlich im Römerbrief 16,7 der Gruß an das Ehepaar Andronikus und Junia zu nennen, von denen gesagt wird, dass sie beide unter den Aposteln herausragen, daher eine außerordentliche Autorität besitzen. – Wichtig ist auch die Ersetzung des hebräischen Gottesnamen JHWH durch die Wiedergabe des griechischen Kyrios mit HERR in Großbuchstaben als Respekt vor der jüdischen Praxis. In diesem Zusammenhang sei auch Röm 11,15 genannt, wo anstatt der Verwerfung des Volkes Israel nun nur von Zurückweisung die Rede ist. So gäbe es viele interessante neue Einzelformulierungen wie z. B. Ex 3,14 „Ich bin, der ich bin“ oder die Aussagen Jer 31,33, dass Gott für den Bundesschluss mit Israel seine Weisung bereits in ihre Mitte gegeben hat. Besonders lesenswert sind vor allem die kräftig revidierten Psalmen wie etwa Ps 23,3 „Meine Lebenskraft bringt er zurück“. Aus dem Neuen Testament sei z.B. Lk 10,42 erwähnt: „Maria hat den guten Teil erwählt“ (statt des Besseren in der alten Einheitsübersetzung). Joh 12,37 lautet die neue Überschrift „Rückblick auf das Wirken Jesu in Israel“ statt „Jesu Urteil über den Unglauben der Juden“ der alten Einheitsübersetzung. Joh 19,17 betont nun ausdrücklich, dass Jesus selbst das Kreuz trug.
Von grundsätzlicher Bedeutung sind die neuen Textgrundlagen für die Bücher Jesus Sirach und Tobit. Statt eines Mischtextes aus Hebräisch, Griechisch und Syrisch in der Einheitsübersetzung von 1980 wurde für Sirach nur eine einzige geschossene, die längere griechische Textfassung als Grundlage genommen, für Tobit ebenfalls die längere griechische Fassung. Beachtung verdienen auch die Einführungen zu den einzelnen biblischen Schriften, die den gegenwärtigen Wissensstand zum Werden der Bücher kurz zusammenfassen. Die lesenswerte Darstellung der Geschichte der ersten und der revidierten Einheitsübersetzung vor den Registern liefert gute Informationen zum ganzen Prozess.
Was hat Sie in der Überarbeitung überrascht?
Was mich bei unserer Durchsicht und Diskussion der eingegangenen Vorschläge der Bearbeiterinnen und Bearbeiter wirklich beeindruckt und oft überrascht hat, waren nicht so sehr die einen oder anderen Formulierungen, sondern der im Text der biblischen Sprache enthaltene Reichtum, der eigentlich oft erst in mehreren Vorschlägen zum Ausdruck kommen kann. Ein Übersetzer ist zwar nicht, wie es das scharf kritisierte italienische Wort ‚traduttore traditore‘ formuliert, ein Verräter, aber jeder Übersetzung ist auch ein Stück Eingrenzung der Aussage des Urtextes, sodass für Bibelgespräche wie für die persönliche Bibellektüre sehr zu raten ist, stets mehrere Übersetzungen zu vergleichen, etwa auch die vergangenes Jahr erschienene Revision der Lutherbibel. Die Erfahrung, die der große Alttestamentler Hermann Gunkel dem Vorwort seines großen Psalmenkommentars um 1926 vorangestellt hat „Bin ich am Ende, beginne ich“ gilt zweifellos auch für die Übersetzungsarbeit für unsere Bibel.
Mit welchem Buch der Bibel soll der/die Leser_in beginnen?
Da uns in der Bibel, insbesondere im Alten Testament, in der Bibel Jesu, das ganze menschliche Leben begegnet, soll jeder dort beginnen, wo etwas von seinem Leben zur Sprache kommt. Keine Frage, dass dies in ganz umfassender Weise in den Psalmen geschieht, in denen Menschen Not und Gottesferne, aber auch letztes Vertrauen aussprechen, bis hin zur Vollendung im Gotteslob, im Halleluja. Aber auch der Blick auf die Menschlichkeit der Erwählten Gottes wie Abraham, Jakob, Mose oder David ist lohnend und köstlich, genauso wie die mühsamen Anfänge des Gottesvolkes in den Büchern Exodus und Numeri. Eine bis zur Stunde berührende Trostbotschaft für das scheinbar verlassene Gottesvolk sind die Jesajakapitel 40 – 55. Literarisch und inhaltlich kostbar ist die kurze Erzählung von der Gestalt der Nichtjüdin Rut oder das Jonabüchlein von der Weite Gottes für Ninive und alle Geschöpfe, die als Frage vor dem Propheten steht.
Ähnlich müssen auch die Leserinnen und Leser des Neuen Testamentes entscheiden, ob sie bei der Menschenfreundlichkeit Jesu im Lukasevangelium und dann dem spannenden Weg der wachsenden Kirche der Apostelgeschichte, beim kraftvollen Wirken Jesu in Wort und Tat bei Markus oder bei der Tiefe des Johannesevangeliums einsteigen wollen oder sich für die vielfältigen Probleme einer konkreten paulinischen Gemeinde wie in den beiden Korintherbriefen interessieren.
Es ist zweifellos ratsam, vor allem ein Gewinn, sich für den Beginn der Lektüre einer Gesprächsgruppe anzuschließen oder eine Begleiterin, einen Begleiter zu finden, der selber Interesse und Freude für die Bibel hat und mit dem man Fragen besprechen kann.
Kostbarstes und schönstes Ziel des Lesens und Hörens des Wortes Gottes in der Schrift wäre es, dass daraus, wie Jesus am Schluss der Bergpredigt Mt 7,24–25 sagt, ein tragfähiges Fundament für unser Leben wird.
Prof. Johannes Marböck
Die Verwendung und Rechte am Text hat auch das Bibelwerk Linz.