Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. In den steirischen Pfarren leben ca. 1,246.395 Menschen, 771.201 davon sind KatholikInnen. Mehr zur Diözese
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Seit 1. September ist Helmut Kirchengast, ehemaliger Direktor von Schloss Seggau, Ombudsmann der Diözese Graz-Seckau. Im Interview spricht er über seine Aufgaben, Erfahrungen und seine ersten Eindrücke.
Helmut Kirchengast: Seine Bilder, die er schon vor 10 Jahren von Graz nach Schloss Seggau mitgenommen hat. Einen reich gefüllten Korb an Erfahrungen, Begegnungen und Beziehungen, die sich über die Jahre angesammelt haben und gewachsen sind. Die Freude an der persönlichen Begegnung und am Gespräch. Und natürlich ein Bild seiner Liebsten - aber nicht am Schreibtisch :-)!
Helmut Kirchengast: Die Kernaufgabe besteht darin als zuhörende, koordinierende und vermittelnde Person da zu sein, wenn es um Fragen und Beschwerden des kirchlichen Lebens in der Steiermark geht. Das können Anfragen von Menschen sein, die ein Problem haben, das sich für sie noch nicht ausreichend hat lösen lassen oder bei dem sie nicht wissen, wie sie zu einer Lösung kommen können bzw. wohin sie sich wenden sollen. Das können aber auch interne Anliegen von Mitarbeitenden in der Kirche sein.
Der Ombudsmann ist zu allererst ein „Zuhörender“, um dann gemeinsam mit den Anfragenden zu Lösungen zu kommen und dort, wo es notwendig ist, auch andere in Lösungen miteinzubinden. Er wird dort, wo es bei persönlichen Begegnungen klemmt, versuchen, die Kommunikation wieder in Fluss zu bringen, indem Missverständnisse aufgeklärt und Vorurteile abgebaut werden.
Helmut Kirchengast: Nein, ich denke, dass es nicht viel mehr Konflikte gibt als früher. Aber was sich über die Jahre sicher verändert hat, ist die Erwartungshaltung der Menschen, wie mit ihren Anliegen und Anfragen umgegangen wird. Zum Beispiel war es noch vor 20 Jahren selbstverständlich, dass man bei einer Behörde eine Stunde oder mehr im Gang gewartet hat, bis man ins Büro des Sachbearbeiters gerufen wurde. Und darüber haben sich die Wenigsten aufgeregt, das hat man so hingenommen. Wenn so etwas heute passiert, dann kriegt der Beamte ein Problem, sowohl mit den Wartenden als auch mit seinem Vorgesetzten.
Die Menschen wollen heute mit ihren Sorgen, Problemen und Anliegen ernstgenommen werden. Sie lassen sich nicht mehr so einfach vertrösten oder auf die lange Bank schieben. Das ist auch ihr gutes Recht.
Die steirische Kirche will mit der Stelle des Ombudsmannes noch deutlicher als vorher ein Zeichen setzen und signalisieren: der Kirche sind die Anliegen, Fragen, Beschwerden der Menschen in der Steiermark wichtig. Es ist ihr nicht egal, wie es den Menschen mit und in ihrer Kirche geht. Sie will hinhören, um zu verstehen, wo Veränderung notwendig ist, und so gut es geht helfen, wenn wo der Schuh drückt.
Helmut Kirchengast: Am überraschendsten bis jetzt war für mich die Vielfalt und Bandbreite der Anliegen. Das reichte von der Bitte um ein Interventionsschreiben an den spanischen König bis hin zu einem dreistündigen, herausfordernden theologischen Disput.
Bei den Erwartungen, finde ich, kann man nicht von "Erwartungen an den Ombudsmann" sprechen. Der Ombudsmann ist nur das Gefäß, indem sich diese Erwartungen sammeln. Er ist nicht der Adressat der Erwartungen. Bei den Erwartungen geht es vielmehr um Erwartungen an die Kirche im Ganzen, insbesondere aber um Erwartungen an die Diözesanleitung bzw. an den Bischof. Hier kann man grob in Erwartungen teilen, die eher allgemeiner Natur sind, wie z.B. das oben genannte Interventionsschreiben an den spanischen König, und Erwartungen, die sich in einem ganz spezifischen Anliegen ausdrücken. Da wie dort möchten die Menschen, dass sie mit ihrem Anliegen ernstgenommen und respektiert werden, dass man ihnen zuhört, dass man sich um Lösungen bemüht und dass sie eine Antwort bekommen. Es zeigt sich auch, dass die Kirche nach wie vor auch für "letzte Hoffnungen" zuständig ist: Wenn man sonst schon überall abgewiesen wurde, geht man davon aus, dass die Kirche einen nicht auch noch im Stich lässt.
Ich finde schön, dass Menschen diese Erwartungen an die Kirche herantragen, weil es zeigt, dass Kirche für sie - immer noch - wichtig ist, aber vor allem auch, dass Kirche gesellschaftlich und gesellschaftspolitisch Bedeutung hat. Die Erwartungen, die sich hier ausdrücken, sind Ermutigung ganz in die Begegnung mit der Welt "draußen" einzutauchen - denn es gibt keinen Ort, an dem Gott nicht schon ist, aufgefunden und erlebt werden kann.
Helmut Kirchengast: Wenn er spürt, dass sich die Menschen mit ihren Anliegen ernstgenommen fühlen.
Wenn sie nach der Begegnung mit dem Ombudsmann glücklicher, freier, bestärkter, getrösteter, erleichterter sind, als vorher, ist schon viel gewonnen.
Helmut Kirchengast: Große Ohren, ein weites Herz und einen langen Atem - damit es gelingt, in den Begegnungen etwas von der Gegenwart Gottes in dieser Welt spürbar werden zu lassen.
Interview: Martin Gsellmann
Kontakt
Telefon: +43 (316) 8041-205
E-Mail: ombudsmann@graz-seckau.at
Für persönliche Termine am Bischofplatz 4, 8010 Graz, bitten wir um telefonische Vereinbarung.
Zur Person
Helmut Kirchengast ist verheiratet und Vater von 4 Kindern