Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
Es gibt viele Möglichkeiten, sich in der Kirche zu engagieren! Mehr Infos
Schulen, Kindergärten, Bildungshäuser und vieles mehr: Kirche ist ein wesentlicher Bildungsanbieter. mehr Infos
Und hier ist der Text zum Nachlesen:
Tabuthema Einsamkeit?
Wir alle kennen das Gefühl von Einsamkeit auf die eine oder andere Weise. Trotzdem spricht kaum jemand darüber. Wer zugibt, sich einsam zu fühlen, bekommt sofort gut gemeinte Ratschläge. Geh doch einfach raus und unter Menschen, dann fühlst du dich gleich besser. Oder: Such dir doch eine Gruppe oder einen Verein in deiner Nähe, da lernst du neue Leute kennen und ihr trefft euch regelmäßig. Manchmal heißt es auch: lenk dich einfach ab, beschäftige dich, das wird schon.
Die eine oder andere Idee funktioniert vielleicht auch – aber als Ratsuchende bekommt man doch irgendwie das Gefühl, man sei eben selbst schuld an dem Problem und man muss sich nur ein bisschen anstrengen, aktiv etwas tun, dann wäre Einsamkeit überhaupt kein Thema. Ist euch schon einmal aufgefallen, dass diese Art von Ratschlägen besonders oft bei negativen Gefühlen auftauchen?
Wir könnten es auch einmal mit einem schlichten Annehmen versuchen. In so einer Situation also zum Gegenüber etwa zu sagen: puh, sich einsam fühlen ist echt schwer. Es macht traurig und irgendwie wütend zugleich. Ich versteh dich. Ich bin für dich da.
Digitale Nähe
Internet, Smartphone und Social Media haben die Welt ziemlich „klein“ werden lassen. Wir können jederzeit mit Menschen telefonieren (mit oder ohne Video), Fotos und Nachrichten schicken – egal wie weit wir voneinander entfernt sind. Dazu kommen Social Media Plattformen, die uns regelmäßig dazu animieren irgendeine Art von Lebenszeichen von uns zu geben oder die Lebenszeichen anderer zu kommentieren. So bleiben wir mit sehr vielen Menschen in Kontakt, wenn auch meist eher oberflächlich. Die digitalen Möglichkeiten geben uns ein anderes, spezielles Gefühl von Nähe, das gleichzeitig auch distanziert bleibt. Wir haben zwar Gesellschaft, aber nicht automatisch Geborgenheit.
Die digitale Welt kann außerdem eine andere Art von Einsamkeit auslösen. Wer auf Instagram & Co seine bevorzugte „Bubble“ findet, also Menschen mit gleichen Interessen und Werten, fühlt sich zuerst meist zugehörig und angenommen. Aber: Social Media zeigt immer nur Ausschnitte. Die Inhalte sind sehr bewusst ausgewählt, oft geschönt, zugespitzt oder inszeniert. Auch wenn es zuerst so aussieht: sie entsprechen eben nicht dem eigenen Alltagsleben – und diese Erkenntnis sorgt dafür, dass wir das Gefühl bekommen, „draußen“ zu stehen und uns inmitten all der digitalen Inhalte und Kontakte einsam zu fühlen.
Einsam oder allein
Sich einsam fühlen und alleine sein sind zwei Dinge, die zusammenhängen können – aber nicht unbedingt müssen. Denn manchmal überfällt uns das Gefühl, einsam zu sein, auch dann, wenn wir mitten unter Menschen sind. Wenn um uns herum Trubel herrscht, spüren wir innerlich einen Stich und eine Art von plötzlicher Traurigkeit. Woher das kommt lässt sich oft schwer sagen. Vielleicht fühlen wir uns in dem Moment aus irgendeinem Grund so, als würden wir nicht dazugehören. Oder wir haben Sehnsucht nach etwas anderem. Etwas, das in dieser Situation gerade nicht erfüllt werden kann oder das wir gar nicht richtig benennen können.
Umgekehrt müssen wir uns nicht automatisch einsam fühlen, wenn wir alleine sind. Zeit ganz für uns selbst, ohne andere Menschen oder Ablenkungen kann sogar richtig gut tun. Beim oft genannten Spaziergang in der Natur einmal so richtig zur Ruhe zu kommen oder auch den ganz normalen Alltag nur für sich selbst erleben. Die eigenen Bedürfnisse in den Mittelpunkt stellen und sich mit niemandem bereden oder abstimmen müssen. Klingt irgendwie egoistisch? Nein. Wir sind im Alltag viel und oft für andere da, leisten Beziehungsarbeit, schließen Kompromisse. In der Zeit ganz für uns alleine können wir auch dafür wieder Kraft schöpfen.
Erinnerungen
Bestimmt waren viele von euch in den letzten Tagen am Friedhof, um die Gräber von verstorbenen Verwandten und anderen geliebten Menschen zu besuchen. Auch hier kann manchmal eine Art von Einsamkeit auftauchen. Wenn wir jemanden plötzlich wieder intensiv vermissen und uns irgendwie allein gelassen fühlen.
Aber gleichzeitig können wir hier auch spüren: das Erinnern ist eine ganz besondere Form der Nähe, die uns über Trauer und Einsamkeit hinweg hilft. Wir können uns mit Menschen verbunden fühlen und ihre Gegenwart spüren, auch wenn sie nicht mehr hier sind. Sie haben einen Platz in unserem Leben, den wir mit Erinnerungen füllen und lebendig halten.
Und nicht zuletzt gibt es da eine ganz besondere Präsenz in unserem Leben, die immer da ist und uns niemals alleine lässt. Wenn wir offen dafür sind und es zulassen, können wir spüren: Gott ist da – trägt, begleitet und hält uns. In den belebten Momenten genau so wie in den Einsamen.
Julia Rust, Katholische Kirche Steiermark