Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Es gibt viele Möglichkeiten, sich in der Kirche zu engagieren! Mehr Infos
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„Gott kommt im Heute entgegen“. Mit dieser Botschaft ist unser diözesanes Zukunftsbild überschrieben. Dieses „Heute“ ist unsere Welt, die sich rasend schnell verändert. Themen wie Pluralität und Individualisierung der Lebensrealitäten, zunehmende Polarisierungen, die Sorge um eine gerechtere Welt, Nachhaltigkeit, Mobilität, Digitalisierung usw. verändern auch das Leben und Wirken der Katholischen Kirche in der Steiermark.
Das Reich Gottes wird an vielen Orten erfahrbar
Wir als Katholische Kirche Steiermark sind davon überzeugt, dass uns Gott mitten im Leben entgegenkommt und dass das, was wir „Reich Gottes“ nennen, bereits anfanghaft Wirklichkeit ist.
Was meint der Begriff „Reich Gottes“? Paulus beschreibt das Reich Gottes in seinem Brief an die Gemeinde in Rom als ein Leben in „Gerechtigkeit, Friede und Freude im Heiligen Geist” (Röm 14,17). Nach Paulus geht es dabei also um ein gutes Leben für alle Menschen, ein Leben in Fülle, das bereits hier und jetzt auch durch uns beginnt. Das macht auch klar, dass das Reich Gottes immer mehr meint als die römisch-katholische Kirche.
Sich für das Reich Gottes zu engagieren, ist in besonderer Weise auch der Kirche als Gemeinschaft aller Getauften aufgetragen. Jede und jeder Getaufte ist von Gott berufen, das Reich Gottes inmitten des eigenen Lebens erfahrbar zu machen und es gemeinsam mit anderen zu entdecken. Das geschieht nicht nur im Kirchengebäude, sondern zuallererst in den Familien, im Freundeskreis, an den Arbeitsplätzen, in den Wohnhäusern, auf Spielplätzen, in Ausbildungsstätten, in Pflege- und Krankenhäusern, in Einkaufszentren, auf der Straße – mitten im Leben.
Das Reich Gottes ist somit überall dort erfahrbar, wo Menschen mit ihren Herausforderungen und Fragen, mit ihren Freuden und Hoffnungen, mit ihrer Trauer und Angst (GS1) unterwegs sind. Ein Bild dafür ist das „Wimmelbild“. Darin entdecken wir Vertrautes und Fremdes, Bewährtes und Neues, Stabiles und Dynamisches. Ein Miteinander und Durcheinander, ein Zueinander und Nebeneinander ist zu sehen. Es zeigt die ganze Buntheit des Lebens: Kindergarten, Schule, Formen der Beziehungen, kirchliche Einrichtungen, Sport, Pflegeheime, Büros, Einkaufszentren uvm. In vielen Begegnungen und Beziehungen kann dort etwas vom Reich Gottes aufleuchten und spürbar werden.
Was ist das verbindende Element in dieser Vielfalt des Lebens? Diese Frage erinnert an eine Erfahrung der Urkirche. Der Heilige Geist kam am Pfingstfest auf die Apostel herab. Sie waren plötzlich in der Lage, unterschiedliche Sprachen zu sprechen, sodass sie von vielen Menschen verstanden werden konnten. Was sie einte, war der Heilige Geist. Dieses pfingstliche „Urbild von Kirche“ zeigt sich im „Wimmelbild von Heute“: An vielen Orten wird Gottes Reich auf vielfältige Weise erfahrbar; was diese Orte also miteinander verbindet, ist der Heilige Geist selbst, der dort wirkt. Das Wimmelbild bringt unsere Überzeugung zum Ausdruck, dass der Heilige Geist wirkt, vor allen und unabhängig aller kirchlicher Formen. So bringen wir als Kirche mit „verschiedenen Sprachen“ die eine Botschaft Jesu in der Welt ein.
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Auch Seelsorgeräume, Pfarren, Kirchorte und kirchliche Einrichtungen sind Orte, wo Gottes Reich erlebt werden kann. Durch die vielfältige Präsenz der Kirche vor Ort, besonders in der Begegnung mit Ehren- und Hauptamtlichen, sollen „Menschen (…) mit ihrem Leben Platz finden, aufatmen (…), Stärkung finden, mitgestalten, die Nähe Gottes erfahren, Fragen stellen, feiern, Wegbegleiterinnen und Wegbegleiter finden – und die Intensität ihrer Beteiligung selbst bestimmen“ (Zukunftsbild, Punkt 4).
Als Bild für die so verstandene kirchliche Organisation eignet sich insbesondere das Netzwerk. In ihm können sich strukturelle Knotenpunkte (z.B. Pfarren, Kirchorte, ...), Inhalte oder Zielgruppen verbinden. Es zeigt bewährte und neue Formen kirchlichen Lebens, die miteinander in Beziehung stehen. Es zeigt unterschiedlich große Knotenpunkte und unterschiedliche Formen kirchlicher Präsenz an diesen Knotenpunkten. Nicht alle Knotenpunkte gibt es ewig: Manche werden gebildet, manche werden wieder aufgelöst. Keiner ist mit dem anderen ident, wie wohl sie miteinander im Geist Jesu verbunden sind. Das, was sie miteinander verbindet, ist die Tatsache, dass dort ehren- oder hauptamtliche Menschen im Auftrag der Kirche tätig sind.
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Kirche im Dazwischen leben
Was bedeutet die Verbindung von Wimmel- und Netzwerkbild nun konkret für das Wirken von Kirche vor Ort?
Die Zusammenschau beider Bilder zeigt deutlich, dass Kirche nicht nur an den institutionellen Knotenpunkten gelebt wird, sondern in viel größerem Ausmaß „zwischen diesen Knotenpunkten“. Die Zahl der „institutionellen kirchlichen Orte“ in einem geografischen Raum ist geringer als die weitaus größere Anzahl jener „Orte“ (und damit sind eben nicht nur geografische Orte gemeint, sondern vor allem zwischenmenschliche Beziehungen, die in einem geografischen Raum gelebt werden), wo sich Gottes Reich „im Dazwischen“ dieser Knotenpunkte ereignet. Insofern setzen wir uns als Kirche für das Reich Gottes an vielen Orten ein. Wir tun dies im Wissen darum, dass das Erfahren von Reich Gottes letztlich immer unverfügbar und Geschenk Gottes ist. Dies kann auch als Entlastung empfunden werden, dass Ehren- und Hauptamtliche für das gelebte Reich Gottes im Wimmelbild nicht die Hauptverantwortung haben, sondern versuchen, dort ihren Teil beizutragen, wie es auch viele andere tun.
Es wäre zu wenig, die Aufmerksamkeit der Kirche ausschließlich auf die Knotenpunkte zu lenken. Vielmehr gilt es heute mehr denn je, die kirchliche Aufmerksamkeit auf das „Dazwischen“ – also zwischen den Knotenpunkten und somit über sie hinaus – zu lenken. Das bedeutet mitunter auch, mehr als je zuvor „unbekannte, bisher nicht vertraute Lebensräume“ (vgl. Zukunftsbild, Punkt 1) zu betreten: fremden Menschen zu begegnen, fremde Lebenswelten kennenzulernen, fremde Umgebungen aufzusuchen. Dies wird für manche eine persönliche Herausforderung sein und zu Unsicherheit führen. Ziel dabei ist es, dass in der Begegnung und im Austausch bei jeder/jedem der Beteiligten etwas von diesem Reich Gottes erlebbar werden kann. Das meint auch, dass dort nicht unbedingt ein neuer „institutioneller Knotenpunkt“ und insofern Vergemeinschaftung entstehen muss. Jede dieser Begegnungen muss getragen sein vom Vertrauen, dass diese Begegnung den Anderen ein Stück weit verändern kann (denn das Reich Gottes will ja verändern hin zu einem guten Leben, zu einem Leben in Fülle), und dass diese Begegnungen auch uns als Kirche verändern, inklusive unserer kirchlichen Formen, wie wir an den Knotenpunkten unseren Glauben zu leben versuchen.
Beide Bilder zusammengedacht lassen verstehen, welche Aufgabe die „kirchlichen Knotenpunkte“ haben:
(1) An ihnen soll Reich Gottes erlebbar werden – wie an so vielen anderen Orten auch.
(2) An diesen Knotenpunkten sollen Menschen für ihren Alltag gestärkt werden, besonders für ein Leben aus dem Glauben, in dem das Reich Gottes in vielen Begegnungen und Beziehungen erfahrbar werden kann.
(3) Die an diesen Knotenpunkten wirkenden Menschen (Ehren- und Hauptamtliche) sind insbesondere hinausgesandt aus dem Knotenpunkt „in das Dazwischen“ – zu bekannten und fremden Menschen –, um dort das Reich Gottes erfahrbar werden zu lassen, wo Menschen dieses „gute Leben, das Leben in Fülle“ am meisten brauchen (vgl. Zukunftsbild, Punkt 3).
(4) In diesen Begegnungen und Beziehungen, vor allem zu fremden Menschen, gilt es, als Kirche die Botschaft vom Reich Gottes stets neu zu lernen (vgl. Klaus Hemmerle: „Lass mich Dich lernen, Dein Denken und Sprechen, Dein Fragen und Dasein, damit ich daran die Botschaft neu lernen kann, die ich Dir zu überliefern habe.“) und daraus auch die kirchlichen Knotenpunkte (also die Formen des Kirche-Seins) immer wieder zu verändern im Blick auf das Heute, in dem Gott entgegenkommt.
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Zusammengestellt von:
Tamara Strohmayer, Anton Tauschmann, Bruno Almer
Februar 2025