Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Liebe vorweihnachtliche Gemeinschaft, lieber Bischof Wilhelm in unserer Mitte. Einer der schönsten weihnachtlichen Evangelien ist für mich die Begegnung Jesu mit dem kleinwüchsigen Zachäus. Sicherlich, das Evangelium führt uns ein wenig weg von der Weihnachtsidylle, von
Krippendarstellungen und dem, was uns zu Weihnachten vertraut ist.
Aber wir sind mittendrin im Geheimnis der Menschwerdung.
Da ist einer nach menschlichen Maßstäben nicht gerecht und geht selbst ins Abseits. Und dennoch, die Sehnsucht, wieder Mensch zu werden, die bleibt ihm lebendig voll Sehnsucht. Der Kleinwüchsige steigt auf einen Baum, um einigermaßen wieder in die Gemeinschaft zurückzukehren von der Sicht her. Doch das Geheimnis der Menschwerdung vollzieht sich, weil Jesus im Vorbeigehen ihn nicht übersieht, ihn ansieht und darin Ansehen gibt. Jesus holt ihn zurück aus der selbstversagten Isolation, wo andere denken, Recht geschieht ihm.
Jesus schenkt unverdient Liebe und befähigt nun neu zu einem liebevollen Blick, auch die Welt neu zu sehen. Und Jesus ermöglicht es in diesem weihnachtlichen Evangelium, dass der Ausgestoßene wieder Mensch wird und die Welt mit dem Blick der Liebe Gottes sehen kann.
Wir könnten sagen, in ihm ist vieles abgestumpft, verdorrt, leblos geworden, wie Esaias in der eben gehörten Lesung geschrieben hat.
Doch diese Begegnung mit Jesus schenkt ihm nicht nur, wieder Mensch zu werden als Möglichkeit, sondern vieles kommt zum Blühen, das entfaltet diese Schriftstelle. Er begegnet, er spricht, er lädt ein in sein Haus zu einer weihnachtlichen menschlichen Gemeinschaft, wird
Gastgeber. Er sieht plötzlich die anderen Menschen wieder, weil er Mensch geworden ist unter Menschen und kehrt zurück, wird wiederum Kind Gottes und möchte selbst die Liebe, die Zachäus erfahren hat, anderen weiterschenken.
Und das schenkt Hoffnung. Auf dem diözesanen Adventweg wurde Hoffnung konkret damit benannt, einem anderen Menschen sagen zu können, es ist schön, dass es dich gibt. Ja, wir kennen das auch unter uns: „Machts, was wollt's! Ich mache Dienst nach Vorschrift! Lang genug
habe ich mich eingesetzt zu den anderen tun!“ So schnell geht es, dass wir in Isolation gehen, ganz selbst.
Es geht auch sehr schnell, dass wir nur mehr unsere Vision im Blick behalten. Ich muss durchkommen, die anderen sind manchmal Mittel zum Zweck, auch in Isolation. Und da braucht es immer wieder auch dieses Geheimnis der Menschwerdung, dieses weihnachtliche Geheimnis, das in der Begegnung zwischen Jesus und Zachäus erfahrbar wird.
Und da braucht Gott uns, dass seine Liebe durch uns Mensch werden kann. Da braucht vielleicht eine Arbeitskollegin, ein Arbeitskollege, ein Mensch neben mir, diesen gütigen Blick, der Ansehen gibt. Vielleicht gibt es Meinungsverschiedenheiten, vielleicht geht der eine zu schnell, der andere zu langsam. Vielleicht merkt jemand, er mag nicht mitgehen und fragt nach.
Wenn wir ihn an den Blick behalten und einander ansehen, das hat mit Hoffnung zu tun. Und wenn uns jemand hilft, aus der Haut herauszukommen, aus der wir selbst nicht mehr herauskommen können, durch eine Motivation, durch ein Dasein, durch ein Zuhören, durch die Frage: „Hast du Zeit auf einen Kaffee?“ oder „Gehen wir nach der Arbeit noch auf einen Punsch?“ An und für sich alles gute Ansätze, es kommt darauf an, was wir daraus machen und das im rechten Maß.
Es ist uns in die Hände gelegt, ob Weihnachten geschieht und ich glaube, die Krippendarstellungen im Weihnachtsevangelium sind wunderschön uns zu vertiefen. Um schauen zu können, erfahren zu können, Gott wird wirklich Mensch. Aber dass wir wirklich dieses Geheimnis der Menschwerdung das ganze Jahr über an 365 Tagen, nicht nur rein durch die Glocken dreimal am Tag, Realität werden machen lassen, braucht es diese Perspektive Jesu im Blick auf Zachäus.
Das schenkt Grund zur Hoffnung, dass wir füreinander dienlich sein können, Hoffnungsträger und Trägerinnen sein können, dass Menschwerdung geschieht. Dass Menschen, Kolleginnen und
Kollegen, Mitbrüder wieder Ansehen erfahren. Dass wir manche motivieren, geh mit auf unseren Weg, nimm dich nicht heraus und zieh dich nicht zurück.
Dass es an uns gemeinsam liegt, dass wir erfahren, letztlich haben wir Gottes Liebe auch geschenkt bekommen und erfahren unverdient. Deshalb wollen wir nicht knausern, sie weiterschenken, einen respektvollen, liebevollen Umgang miteinander. Und manchmal hilft es
uns, menschliche Maßstäbe zu überwinden und im Maßstabe Gottes Liebe erfahrbar zu machen, auch wenn der, die es nicht verdient hätte.
Letztlich ist die Zusage, es ist schön, dass es dich gibt, eine Zusage zuerst von Gott. Und wenn wir uns das bewusst sind, geschieht es leicht, es anderen zuzusagen. Es ist schön, dass es dich gibt.
Und plötzlich wird es Weihnachten.
+Johannes Freitag
Weihbischof der Diözese Graz-Seckau
Dom zu Graz, am 19. Dezember 2025