Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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Vor Jahren bin ich auf ein italienisches Lied gestoßen, das mir die Möglichkeit eröffnet hat, das unsagbare Leid, das uns in diesen Tagen hier beschäftigt und die ganze Welt angerührt hat, zu deuten. Im Lied ist davon die Rede, dass wir dann, wenn es Nacht ist, viel weiter in die Tiefen unseres Lebensraumes blicken können als zu den Zeiten des Lichts, sehen wird doch Sterne und Galaxien, also das, was unsichtbar ist in der Helle des Tages und des Lebens. - Viele waren und leben seit einer Woche in der Erfahrung der Dunkelheit und Nacht - in unterschiedlicher Art und Weise Betroffene genauso wie Helferinnen und Helfer und viele, die sich schlicht die Frage nach dem "Warum?" stellen. -
Wenn wir heute Abend in der Grazer Stadtkrone versammelt sind, dann suchen wir im "Weiter-" und "Tieferblicken" nach Antworten, wiewohl es uns schwerfällt, so ein furchtbares Geschehen in Worte zu fassen. Aber eben weil wir "Weiter-" und "Tieferblicken", erahnen wir da und dort: "Jenseits der Nacht […] gibt es eine Quelle, die nie versiegt, der Unendliche, der uns Kraft gibt, auszuhalten, zu bleiben, jetzt, hier"[1]. So heißt es im vorher genannt Lied. Und wir erkennen, vielleicht schemenhaft im Dunkel, aber doch:
Du neben mir gehst einen Weg durch das Dunkel - und so erkennen wir gemeinsam: In allen Situationen haben wir einander. Genau das ist in den letzten Tagen sichtbar geworden. - Ich bitte, nehmen wir dieses "über sich hinaus" mit hinein in die Tage, die kommen. Leben wir so, dass wir einander die Würde erfahren lassen, die jede und jeder von uns als Mensch verdient, damit unser gemeinsames Zuhause entsprechend gut belebt ist. Und achten wir darauf, dass die Erfahrung der Gemeinschaft und des guten Miteinander bleibt.
Du suchst nach einem gangbaren Weg in der Nacht des Zweifelns? Dann schau nicht bloß auf dich, denn damit bleibst du letztlich allein. Heb' Deine Augen und merke, sie schauen nach vorne! - Ich bitte: Gehen wir aufeinander zu und lassen wir das aufeinander Losgehen in der Sprache und erst recht in Taten - in der realen wie auch der virtuellen Welt. Gehen wir miteinander in die Zukunft, jede und jeder, Verantwortliche in Gesellschaft, Medien, Glaubensgemeinschaften, wir alle als Menschen ein- und derselben Gesellschaft.
Du fragst nach den nächsten möglichen Schritten, weil es finster ist, weil das Anstehen Dich übermannt? Das Leben ist mehr als ein Hausen in den eigenen vier Wänden: Verwandte, Freunde, Nachbarschaft, Kolleginnen und Kollegen, jedes Engagement für das Miteinander und für die Liebe ist Nahrung speziell in dunklen Stunden. - Daher bitte ich: Achten wir auf die Liebe, denn du bist mein Nächster, meine Nächste und wir alle sind, jede und jeder für sich, Nächste für andere. Letztlich lebt jede Gesellschaft nicht von Hass oder von Wut, sondern aus und von der Liebe. "Hätte ich die Liebe nicht, so wäre ich nichts", hat uns der Apostel Paulus hinterlassen. Wie recht er doch hat.
Wenn Du also keinen Weg aus dem Dunkel findest - dann halte Dich daran fest: Was bleibt, ist die Liebe. Für jene, die an einen Gott glauben, kann dies heißen: Lege Deine Not hin vor Gott, der dir im Augenblick vielleicht nicht erreichbar scheint. ER ist da für uns. - Und ich bitte jede und jeden von uns, nach dem Wort zu leben: "wenn jemand einem Menschen das Leben schenkt, so ist es, als hätte er der ganzen Menschheit das Leben geschenkt"[2]. Denn letztlich sind wir alle eins.
3. Ich hoffe - darin sind uns Erwachsenen vielfach junge Menschen ein Ansporn - dass wir uns mehr um unsere Nächsten kümmern. Nicht nur jetzt, sondern auch in Zukunft. Dass wir uns wirklich kennen und lieben lernen. Damit unter uns allen, als Glieder einer Menschheit, als Brüder und Schwestern, das gemeinsame Aushalten, heute und hier, zum Segen werde. Damit die Liebe bleibt.
[1] freie Übersetzung eines Ausschnitts des Textes des Liedes von GenRosso "Oltre l'invisibile"
(u.a. https://www.youtube.com/watch?v=jq7SfR609Qw, 12.6.2025)
[2] vgl. Koran 5:32.
OLTRE L'INVISIBILE - Jenseits des Unsichtbaren
Wenn dem Leben die Würde genommen wird
und ein stummer Schrei in mir aufsteigt,
wenn die Stadt grau ist,
draußen und in mir Regen fällt,
frage ich mich,
ob es denn nur Dunkel gibt.
Wenn mir das Leben wie eine Lüge
und Durchhalten zwecklos erscheint,
wenn mich ein Gefühl der Beklemmung überkommt,
denke ich mir:
Alles ist krank, ein finsterer Tunnel ohne Ausgang.
Doch: Gerade in der Nacht reicht mein Blick weiter.
Ich sehe Sterne und Galaxien,das sonst Unsichtbare.
Und gerade dann spricht dein Schweigen,
erzählt mir von dir.
Ich bringe kein Wort hervor, aber ich will dich suchen.
Vielleicht bleibt mir die Kraft zu stammeln,
vielleicht gibt es doch noch einen kleinen Lichtblick.
Jedenfalls weiß ich:
Hinter den Schatten, die mich erzittern lassen,
wenn ich keine Sicherheiten mehr habe,
dahinter bist du.
Gerade in der Nacht reicht mein Blick weiter.
Ich sehe Sterne und Galaxien, das sonst Unsichtbare.
Und gerade dann spricht dein Schweigen,
erzählt mir von dir.
Ich bringe kein Wort hervor,
aber ich will dich suchen.
Jenseits der Nacht,
jenseits des Sichtbaren und des Unsichtbaren
gibt es eine Quelle,
die nie versiegt:
der Unendliche,
der uns neu beflügelt.
Jenseits der Nacht,
jenseits des Sichtbaren und des Unsichtbaren
gibt es eine Quelle, die nie versiegt:
der Unendliche, der uns Kraft gibt, auszuhalten,
zu bleiben:
jetzt,
hier.
Genrosso, veröffentlicht auf CD "Uno" (https://www.youtube.com/watch?v=mnwG2e8cIJI)