Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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1. Das Wort des Auferstandenen schlechthin ist die Zusage des Friedens. - Wie sehr Dich, Leopold, dieses Wort und damit die Sehnsucht der Menschen, in Frieden zu leben, durch die gesamte Zeit deines Lebens begleitet hat. Wenn wir heute den 80. Gründungstag unserer 2. Republik Österreich feiern, wird dies deutlich: Friede ist von Bedeutung. Ich kann mir vorstellen, dass in Dir viele Erinnerungen wach werden, wenn Du eine Stelle aus dem Evangelium über den Frieden verkündest, Schrifttexte der Bibel betrachtest oder auch während der Liturgie den Mitfeiernden den Frieden zusprichst. Und auch, dass Du gerade deswegen nach wie vor jemand bist, der nicht müde wird, dies und damit das notwendige Miteinander in der Gesellschaft in Erinnerung zu rufen.
Klar ist, dass mit dem biblischen “Schalom” weit mehr als Waffenstillstand gemeint ist, viel eher ist damit der ursprünglich mit der biblischen Schöpfung verbundene Zustand des Paradieses gemeint. Ein durch und durch friedlicher Zustand, ohne Angst und Sorgen. Du kannst sicher vieles benennen, um deutlich zu machen, wie bedeutsam es ist, Frieden zu stiften, Frieden zu bringen, nach Streit sich zu versöhnen. Die Zeit, in der das Evangelium und damit die Kirche sich mit der Arbeiterschaft “versöhnen” musste, sei hier als Beispiel genannt. Denken wir auch an die Veränderung in der Welt, an die Herausforderungen beim Weitergeben des Evangeliums. - Du, so könnten wir sagen, bist gleichsam ein lebender Zeitzeuge dafür, dass die Rede vom Frieden nie verstummen darf und dass wir uns alle “am Riemen reißen” müssen, alles daran zu setzen müssen, das Miteinander zu suchen.
2. Die Erfahrungen des Aufbaus nach dem verheerenden Weltkrieg haben Dir und den meisten deutlich gemacht, wie groß die Sehnsucht der Menschen nach einem geglückten, einem heilen Leben ist. Im heutigen Evangelium wird diese Sehnsucht mit der Zusage des Heiligen Geistes beantwortet. Er soll den Menschen im Durcheinander dieser Welt helfen, sich zurechtzufinden. Ich kann mich noch erinnern, als Du beim Kurs zur Pfarrbefähigung uns angehenden jungen Priestern bei einem Kamingespräch deutlich gemacht hast, dass wir in einer Zeit unseren Dienst als Pfarrer leben werden müssen, in denen vielen die Notwendigkeit des “Zusammen” in der Gesellschaft nicht mehr bewusst sein werde. Und dass wir dies den Menschen in Erinnerung rufen werden müssen. - Wie recht Du doch hattest. Ja, mitunter vergessen manche Zeitgenossen, dass unterschiedliche Sichtweisen und Meinungen den unterschiedlichen Stimmen in einem Orchester gleich dennoch eine Symphonie spielen können. Wie oft Du doch im Laufe deines Lebens Menschen mit anderen Meinungen begegnet bist - in Deinem Dienst für die Diözese kannst Du viel davon erzählen. Auch darüber, wie wichtig es ist für alle gesellschaftlichen Gruppierungen, nicht das Trennende in den Vordergrund zu rücken, sondern das Gemeinsame, damit die Heimat, die uns geschenkt wurde, eine lebbare bleibt und weiterhin gut belebt wird.
3. Ich bin sicher, dass auch ein weiterer Aspekt des heutigen Evangeliums Dir in Deinen mittlerweile 100 Lebensjahren immer wieder bedeutsam geworden ist: Ein Miteinander zwischen Menschen ist angewiesen darauf, dass wir einander in die Augen schauen und darauf, dass wir immer wieder einander verzeihen, weil wir unvollkommene Menschen sind und Zukunft nur dann in den Blick nehmen können, wenn wir einander vergeben und barmherzig sind. Der Auferstandene gibt seinen Jüngern im heutigen Evangelium den Auftrag weiter, im Auftrag Gottes den Menschen Seine Vergebung zuzusprechen. - Barmherzigkeit ist etwas, das Zukunft ermöglicht. Gerade in unserer Zeit der Empörung, der schnellen Emotionen, in Zeiten der Schnelllebigkeit und der verschiedensten Herausforderungen scheint es normal zu werden, aufeinander los- statt aufeinander zuzugehen. Doch ohne Verzeihung verwirken wir Hoffnung und eine Perspektive, die uns Zukunft eröffnet. Wenn wir dich, dem Alter entsprechend, deine täglichen Runden drehen sehen - ob das durch den Stadtpark oder auch die Herrengasse ist, dann begegnet uns in dir ein lebendiger Zeitzeuge dafür, dass Zukunft möglich wird, wenn wir einander mit den liebenden Augen Gottes anschauen und nie die Hoffnung verlieren.
4. Schließlich ein letzter Gedanke, der mir in der Auseinandersetzung mit dem heutigen Evangelium als Licht für Dein Leben gekommen ist: Wir leben in Zeiten des Messens und Abwägens, des Zählens und der sinnlichen Wahrnehmung. Der Glaube scheint da immer mehr an Kraft zu verlieren. Denn es ist eine Sehnsucht des Menschen, die Dinge “begreifen” zu wollen, sind wir doch als Erdenbürger sinnlich verfasst. - Wissenschaft und Forschung und all das, was unser Leben hier und heute in dieser Form ermöglicht, ist letztlich mit diesem existentiellen Wunsch im Menschen verbunden, schöpferisch tätig zu sein. Soweit ich Dich kenne, hast Du die Entwicklungen der Welt immer wach aufgesogen, gerade auch deswegen, weil Du, lieber Jubilar, in Deinem Leben das, was uns begegnet, “ergangen” bist.- die Welt sinnlich mit Füßen und Geist erlebend. Ich weiß nicht, wie oft du dich zu Fuß auf den Weg nach Mariazell gemacht, wie viele Berge du bestiegen hast - vielfach mit anderen Priestern -, mit wie vielen Menschen Du Dich ausgetauscht hast und auf wie vielen Du aufmerksam zugehört hast. Du warst und bist immer ein angreifbarer und naher Mensch gewesen und lebst dies auch noch heute. Ja, Du bist ein lebendiger Zeitzeuge dafür, dass es gilt, die Welt mit den Augen Gottes zu betrachten und nicht bloß einfach in den Kategorien dessen, was halt gerade los oder “in” ist. Wenn wir die Welt mit den Augen Gottes sehen, dann verkommt das Menschsein nicht zu einem Ablauf verschiedenster Ereignisse. Dann macht der Menschsein Sinn.
Lieber Leopold!
6. Der Segen Gottes möge dich auch weiterhin begleiten. Dein reiches Leben macht zutiefst den deutlich, für den du nach wie vor täglich stehst. Es macht die Freude über ihn, über Jesus deutlich, der uns voraus durch den Tod hindurch zum Leben auf ewig und in Fülle gegangen ist. Dafür sage ich ein danke und ein herzliches "Vergelt's Gott!"