Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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1. Ich freue mich wirklich, heute bei Ihnen sein zu können. Nicht nur deswegen, weil ich mich damit in die Pilgerschar einreihe, die seit nunmehr 400 Jahren diesen Ort ob seiner Quelle aufsuchen. Nebenbei gesagt: die Herausforderungen der letzten Wochen und Monate in unserem Land und in der Welt haben es möglich gemacht, dass heute den Weg hierher gefunden habe - alle ursprünglich benannten Termine wären nämlich mir nicht möglich gewesen. Ich freue mich auch deswegen, weil ich hier nach 2 Monaten Abstinenz wieder mit einer Gemeinde und nicht nur im kleinsten Kreis meiner Wohngemeinschaft Messe feiern darf - wenn auch unter genau geregelten Voraussetzungen. Ich freue mich eigentlich deswegen, weil ich mich heute fühle wie Maria, die Elisabeth heimgesucht hat. Ihre Kirche ist ja diesem Gedenktag geweiht, der am 2. Juli begangen wird.
2. Wie ich das meine? Nun: ich will die Frohe Botschaft des Lebens hierher bringen. So wie Maria die Botschaft der Verkündigung durch den Engel Gabriel sofort ins judäische Bergland getragen hat, bin auch ich heute am 1. Tag, an dem in der Corona-Krise wieder Gottesdienste in der Öffentlichkeit erlaubt sind, mit dieser "frohen Botschaft" hierhergekommen. Ich hoffe, dass es auch Ihnen wie eine in die Osterzeit hinein verlängerte Fastenzeit vorgekommen ist, die uns da aufgegeben wurde durch ein unsichtbares Virus. Da hat sich niemand ausgekannt, da stand und steht die Welt beinahe still - mit unabsehbaren Folgen, die uns wohl über Jahre begleiten werden. Da herrschte Angst: "Wie wird das? Werden wir stark davon betroffen sein? Ist die Krankheit wirklich so schrecklich?" Und: "Hände waschen, Abstand halten, die persönlichen Kontakte weitgehend reduzieren und vor allem die alten und mit Vorerkrankungen belasteten Mitmenschen schützen" ist uns mittlerweile schon tief eingeprägt in unser Verhalten. Ist das nun wirklich "frohe Botschaft", die ich bringe, wenn wir uns mit Mundschutz, in kleiner Zahl und unter weiteren einschränkenden Maßnahmen versammeln?
Schauen wir genau hin: In der Begegnung von Maria und Elisabeth wurden nicht die Umstände geschildert, sondern wurde erkannt, dass Jesus angekommen ist. ER ist die Frohe Botschaft! Und um IHN geht es, wenn wir Christen uns versammeln. Es geht nicht um uns und unsere Interessen, es geht darum, dass wir durch das gemeinsame Feiern mehr und mehr uns vertiefen in ein Leben mit IHM und für IHN. - In den vergangenen Jahrhunderten wurde diese Tiefenbohrung des Glaubens immer wieder den Christen abverlangt, wenn es in der Welt drunter und drüber ging: "Was zählt für dich wirklich - angesichts des Krieges? ... angesichts des Hungers? ... angesichts der Verfolgung um deines Glaubens willen? ... angesichts der Not, in der du zu leben hast?" Solche und ähnliche Notlagen haben die Menschheit und damit die Christenheit die Jahrhunderte herauf begleitet, sodass heute für die uns die Frage ergänzt werden kann: "Was zählt für dich die Beziehung zu Jesus angesichts des Elends, das COVID19 in unseres Welt hervorgerufen hat, das sich ganz anders darbietet als durch bloße Zerstörung wie es ein Krieg mit sich brächte?" - Die Frohe Botschaft, die ich heute ins oststeirische Hügelland bringe ist die Frage nach Gott.
3. Maria blieb etwa 3 Monate bei Elisabeth. So endet das Evangelium des Patroziniums Ihrer Pfarr- und Wallfahrtskirche. Sie hat Freude und Leid mit Elisabeth geteilt. Ich kann zwar nicht 3 Monate hier bleiben, möchte aber dennoch Freud und Leid mit Ihnen am heutigen Abend teilen. Da ist uns in den vergangenen Wochen und Monaten so manches an Liebgewordenem genommen gewesen - und ich spreche da nicht nur von kirchlichen Lebensvollzügen. Für die einen war es zu viel des Guten, für andere wieder hat's gepasst, wieder andere hatten wohl andere Einstellungen. Wenn ich ans kirchliche Leben denke: ja, das war - und ja, das ist auch weiterhin schmerzlich. Zugleich aber gilt - und in meinem Wort am Palmsonntag habe ich es auch zum Ausdruck gebracht: "Nicht genommen [..] kann uns werden, dass wir aus dem Glauben an den Tod und die Auferstehung Jesu Christi gerade unter den aktuellen Umständen Kraft schöpfen und für unsere Welt Lebens-Hoffnung finden können [...]; nicht genommen kann uns werden, dass wir seelsorglich in vielfältiger Art und Weise für Sie da sind, und dass sich viele aus unserer Gemeinschaft ganz selbstverständlich, still und leise, in Organisationen wie der Caritas oder den Vinzi-Werken, im Krankenhaus- und Pflegebereich sowie weiteren Einrichtungen haupt- oder ehrenamtlich für andere einsetzen und ihnen zu leben helfen." Wir haben auch so manches neue entdeckt - vielleicht und hoffentlich auch zu Hause, wie sehr wir es "nötig haben" den Glauben und das Leben mit Gott zu vertiefen. Vielleicht haben Sie das Tischgebet oder auch den Rosenkranz neu entdeckt, vielleicht wurde mehr und länger bei den Spaziergängen bei einem Wegkreuz innegehalten, vielleicht haben Sie neu entdeckt, wie schön es ist in der Familie gemeinsam zu beten. Wenn das der Fall ist - und das kann ruhig auch weiterhin so bleiben (!) - dann ist auch ein Wachstum unseres Glaubens wahrzunehmen und nicht bloß Jammern angesagt, das uns als gelernten Österreichern zwar im Blut liegt, aber uns als Christen eigentlich nicht gut steht.
4. Ich bin hierhergekommen an eine Quelle, von der man sagt, sie habe heilende Kräfte. Und tatsächlich erhoffe ich für viele und vieles in der Welt Heilung hin zur Solidarität, denn nur dann, wenn wir einander nicht aus dem Blick verlieren - weltweit - werden wir die Erfahrung machen können, dass unser Planet eben Heimat für die Menschheitsfamilie ist. Dass wir uns nicht einfach von den anderen abschließen können hat uns ohnedies ein Virus in den letzten Monaten beigebracht. Ja: wir haben dringen Heilung zu einem achtsamen Lebensstil vonnöten, weil die Welt schon länger krank ist und wir uns die längste Zeit nach wie vor auf ihr aufgeführt haben, als ob es noch mehrere Welten gäbe, in die wir uns als Menschheit zurückziehen könnten. Heilung haben so manche auch in der Sprache nötig, denn wie lieblos über andere geschrieben wird, wie unachtsam wir in der Sprache umgehen und damit vieles auch radikalisiert wird schreit manchmal wirklich zum Himmel.
So wünsche ich mir uns allen mit diesen Gedanken einen schönen und achtsamen Neubeginn des Lebens mit kirchlichen Feiern!
In der Mariä Heimsuchung geweihten Kirche wurden die Festtagstexte verkündet:
Lesung: Röm 12,8–16b;
Evangelium: Lk 1,39–56