Die Diözese Graz-Seckau, 1218 gegründet, umfasst 388 Pfarren. Diözesanbischof ist seit 2015 Wilhelm Krautwaschl. Mehr zur Diözese
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1. Wir haben eben Worte aus dem letzten Buch des Neuen Testaments vernommen: Der Seher von Patmos schildert mit großartigen Bildern das, was uns alle am Ende der Zeiten erwarten wird. Und wir - gleichsam eingespannt zwischen Vergangenem und Zukünftigem - haben diese in der heutigen Andacht gehört, ja sie vielleicht sogar mit den inneren Augen unserer Seele angeschaut. Nicht nur irgendwann, sondern "jetzt" ereignet sich, dass der Herr mitten unter den Seinen ist - auch wenn wir alle nicht an 1 Ort sind. Um Seine Zusage, alle Tage bei uns zu bleiben bis zum Ende der Welt wissen wir. Daher können wir in unserem Glauben auch sagen: Gott ist immer mit uns - also mitten unter uns, wenn wir in Seinem Namen versammelt sind - das ist die einzige Bedingung. Leider nehmen wir IHN nicht immer wahr.
2. Schauen wir am Abend des letzten Tages dieses Jahres nun unter diesem Vorzeichen, also mit "besonderen Augen" auf die vergangenen 366 Tage, auf die Welt in ihrem Ganzen und direkt bei uns. Wagen wir einen kurzen, kontemplativen Blick auf dieses so ganz andere Jahr, "der jenen Gott entdeckt, der in ihren Häusern, auf ihren Straßen und auf ihren Plätzen wohnt. Die Gegenwart Gottes begleitet die aufrichtige Suche, die Einzelne und Gruppen vollziehen, um Halt und Sinn für ihr Leben zu finden. Er lebt unter den Bürgern und fördert die Solidarität, die Brüderlichkeit und das Verlangen nach dem Guten, nach Wahrheit und Gerechtigkeit. Diese Gegenwart muss nicht hergestellt, sondern entdeckt, enthüllt werden. Gott verbirgt sich nicht vor denen, die ihn mit ehrlichem Herzen suchen, auch wenn sie das tastend, auf unsichere und weitschweifige Weise tun."[1] So unser Papst in seiner programmatischen Schrift "Evangelii gaudium". -
2. Und tatsächlich: in Vielem hieß es in den vergangenen Monaten Seine Gegenwart zu entdecken. Und vor allem: trauen wir es uns zu, zu sagen, dass ER in alledem mit uns war und ist, was uns an Beschränkungen auferlegt wurde und wird, weil es gilt, das Miteinander und nicht bloß das Eigene im Blick zu haben? Ich denke da etwa an die Herausforderung der Begegnung mit COVID-Infizierten aus der Verwandtschaft, den steirischen Priestern oder anderen Bekannten, wenn sie nach einigen Worten schon nach Luft rangen. Kann und will ich wirklich annehmen, dass ER da ist inmitten von Krankheit und Not? - Oder: wie kann ich meine Nähe trotz gebotenem Abstand leben und zeigen? Ich gebe zu: da bin ich wohl des Öfteren im vergangenen Jahr gescheitert. Zugleich gilt: ich musste lernen den Anker der Hoffnung tiefer auszuwerfen: Er, unser Herr und Gott, geht sicher mit - und das ist eine Nähe, die ich nie und nimmer "herstellen" kann. - Ich denke aber auch an die vielen, die sich für andere förmlich aufgeopfert haben, weil sie in sich den Anspruch Jesu vernommen haben, den Armen jedweder Art beizustehen - und da sehe ich durchaus auch all jene, die sich in ihrem Beruf für andere engagierten. Wie sehr Christen doch vielen nahe waren ohne es großartig vor sich her zu posaunen. Ich bin wirklich dankbar dafür, dass sich Menschen unserer Kirche in verschiedenster Art herausgerufen gewusst haben, mit den Mitteln, die ihnen möglich waren, sich zu Nächsten zu machen und damit dem Barmherzigen Samariter gleich ein Stück weit mehr Geschwisterlichkeit hinein getragen haben in unsere Welt, im Kleinen und im Großen. Und da denke ich nicht nur an die Caritas und unsere vielen Hilfswerke, die das ganze Jahr über versuchten, die Not vor der eigenen Haustür zu lindern - ohne darüber große Worte zu machen. - Ich denke aber auch an all jene, die nicht müde wurden, uns zu erinnern, dass es auch gegenwärtig Not, Elend, Hunger, Flucht, Vertreibung, Katastrophen, Terror, Krieg und viele andere Nöte gibt - nicht nur in der weiten Welt, sondern auch "vor unserer Haustür" -, die anmahnten, dass der Herr uns Gutes zu tun befiehlt, weil dadurch auch Seine Liebe angreifbar wird. Erst jüngst wissen wir uns erneut durch die Erdbeben in Kroatien eingeladen, Not zu lindern, weil wir eben erfahren: Not sieht Not. - Ich denke an die, die mit zunehmender Zeit der Pandemie als verängstigte Personen nach Sinn suchen, sich gegen Vorschriften auflehnen oder ihrem Ärger über all das, was so vor sich geht, Luft machen. Ich frage mich in der Auseinandersetzung mit solchen Menschen: Was kann ich dazu beitragen, dass sie festen Boden unter den Füßen bekommen und sie daher entdecken, dass ihre Selbstbestimmung eine ist, die sie zur Liebe befähigt und nicht zur bloßen Abgrenzung. Damit eben wirklich ER erfahrbar wird "zwischen" uns. - Um ein weiteres und für diesen Abend letztes Beispiel zu benennen: Ich denke auch an jene, die unter der Last ihrer Verantwortung zusammen zu brechen drohten, auch weil die Gesellschaft bzw. die Menschen in ihr immer weiter auseinander zu driften scheinen: "Mein Gott, mein Gott, warum?" hörte ich in solchen Begegnungen IHN, unseren Herrn aufs Neue schreien. Und tatsächlich: da bricht so manches auseinander an Zusammenhalt, an Verständnis füreinander. Wie kann es gelingen, die eigene "Meinungsblase" zu verlassen, sich wirklich aufeinander einzulassen um den Blick gemeinsam auf den zu richten, der Weg, Wahrheit und Leben und damit auch Ziel all unseres Daseins ist?
3. So die letzten Wochen Revue passieren zu lassen ist gerade uns Christen aufgegeben. Und ein solcher Blick lädt ein, dankbar auf dieses Jahr zu blicken und es in die Hände dessen zurück zu geben, der uns jeden Augenblick in ihm Geleit war.
[1] Papst Franziskus, Evangelii gaudium 71.