Fassadeninstandsetzung 2019 - Bericht
Sehr geehrte Damen und Herren,
im folgenden erhalten Sie eine kurze Zusammenfassung der Chronologie der Projektvorbereitung und Umsetzung der Fassadeninstandsetzung Ihrer Kirche aus der Sicht des Restaurators:
Die nach Osten ausgerichtete Pfarrkirche „Hl. Bartholomäus“ liegt außerhalb des Ortes, situiert auf einer großen Freifläche. Vom ehemals mittelalterlichen Bau ist nur der Unterteil des Südturmes erhalten, der inschriftlich mit der Jahreszahl 1519 versehen ist. 1756 und 1768 fielen die wiederaufgebaute Kirche und der Ort einem Großbrand zum Opfer. 1780 wurde die Kirche in einer barocken Bauweise vollständig neu errichtet. Die Gestaltung der Gliederung erfolgte in barocker Manier mit zwei vorgestellten, einwärts schwingenden Pfeilern und aufgesetzten sphärischen Bögen, die der flachen Fassade Tiefe verleihen sollen. Die Außengliederung ist durch Riesenpilaster und die lyrenförmige Emporenfenster bestimmt. Der quadratische Südturm wurde 1892 erhöht und wird durch einen Zwiebelhelm bekrönt. Die letzten Restaurierungsarbeiten wurden 1964/65 (innen) und 1974 (außen), weitere bauliche Anpassungen (Heizung, Lautsprecheranlagen und Beleuchtung) 1998 durchgeführt.
Die erste telefonische Kontaktaufnahme für die Instandsetzungsarbeiten fand durch DI Josef Niederl von der Bauabteilung des Bischöflichen Ordinariats Graz-Seckau im September 2018 statt, wo um eine restauratorische Untersuchung der Fassadenflächen an der Pfarrkirche „Hl. Bartholomäus“ gebeten wurde.
Im November wurde schließlich mit den Untersuchungsarbeiten an der Fassade begonnen, wo auch aufgrund der Höhe der Kirche ein Steiger zum Einsatz kam. Bei Nullfläche und Gliederungselementen wurden mehrfache Sondagen angelegt, welche Aufschluss über den historischen Aufbau der Putz- und Fassungslagen sowie auch weitere farbliche und bauliche Veränderungen gaben. Zusätzlich wurde auch der Be- und Zustand der Architekturoberflächen untersucht und fotographisch dokumentiert.
Das am Turm ablesbare Schadensbild war teilweise massiv. Aufgrund schadhafter Meteorwasserableitungen am Langhaus waren Wasserschäden ersichtlich, des Weiteren zeigten sich mehrfache Rissbildungen mit Putzaufstellungen und Hohlstellen, die zum Teil auch instabil waren.
Es zeigte sich, dass zwischenzeitliche mehrfache überwiegend großflächige Putzreparaturen an den Fassadenflächen durchgeführt wurden, wobei ältere Reparaturen kalkgebunden waren, die jüngeren einen hydraulischen Bindemittelanteil aufzeigen bzw. am Turm auch hochhydraulisch (ungefasst) und in den „unteren“ Bereichen (= über Sockel) auch flächig Sanierputze auf Zementvorspritzer zur Anwendung kamen.
Der zuletzt verwendete sperrende opake Dispersionsanstrich bewirkte eine Einschränkung der Diffusion, dadurch entstand ein Bindemittelabbau in der darunter liegenden Kalkputzebene. Die Schnittstellen Kalkputz zu hydraulischen bzw. hochhydraulischen Reparaturen waren zudem durch die unterschiedlichen Spannungen mitverantwortlich für das jetzige Schadensbild, besonders am Turm. Ein besonders massiv absturzgefährdeter Putzbereich wurde im Zuge der Untersuchung sogleich abgenommen.
Bei den Untersuchungen am Turm zeigte sich, dass dieser im unteren Bereich ein Steinmauerwerk aufweist, die zwischenzeitliche Aufstockung wurde mit Ziegel ausgeführt. Einzelne Gliederungselemente am Turm und auch an der Westfassade waren mit Stein ausgeführt. Am Turm selber waren auch Reste von historischen Steingewänden unterhalb der zentimeterdicken Überputzungen zu finden. Fehlstellenbereiche wurde mit Ziegel ergänzt. Aufgrund der Überputzung ist das Putzniveau um einige Zentimeter höher als dies ursprünglich war. Ehemals war die Steinrahmung dem Fassadenputzniveau „vorgelagert“, nun sind diese bündig. Auch der Steinsockel trat im Anschluss zur Wandfläche weiter hervor.
Die Sondierungsöffnungen zeigten, dass als älteste kalkgebundene Fassungslage sowohl für die Nullfläche als auch die Gliederungselemente ein heller Naturputz- bzw. Steinton befundbar war. Erst bei späteren Neufassungen wurden Ockertöne wie auch der vor der Instandsetzung vorhandene Farbton für die Fassadenfärbung verwendet. Da die Fassade ursprünglich monochrom gehalten war, sollte im Zuge der 2019 ausgeführten Instandsetzung wieder das sich am Befund orientierende Farbkonzept aufgenommen werden.
Zusätzlich wurde aus restauratorischer Sicht eine vollständige Abnahme aller sperrenden zwischenzeitlich verwendeten Materialien (Putze und Fassung) empfohlen, um die erhöhte Oberflächenspannung (welche zum Teil verantwortlich für die Schadensbilder an der Fassade war) zu verringern und eine optimale Grundvoraussetzung für eine nachhaltige Sanierung der Fassade zu ermöglichen.
Auf Basis der Untersuchungsergebnisse lud DI Niederl vom Bischöflichen Bauamt im April 2019 zu einer ersten Baubesprechung vor Ort ein, an den Vertreter der Pfarre, DI Hudin vom Bundesdenkmalamt, auführende Gewerke und Restaurator Schwarz als restauratorische Fachbegleitung teilnahmen. Im Zuge dieser Besprechung wurden gemeinsam mit den ausführenden Firmen und der Bauherrenschaft die einzelnen geplanten Arbeitsschritte besprochen, welche in den nachfolgenden Wochen bzw. Monaten umgesetzt wurden.
Nach Umsetzung der Arbeiten an den Putzflächen wurden für die zukünftige Farbgebung auf Basis der Befundanalyse Farbmuster angesetzt, die sich an der ehemals monochromen Gestaltung der Putzfassadenflächen orientieren sollte. Ebenfalls wurden die Steinteile, Holzfenster, Türen, Metallteile und die Ziffernblättergestaltung in das Gesamtfarbprogramm abgestimmt aufgenommen und über Muster erarbeitet. Nach gemeinsamer Besichtigung und Freigabe durch die Verantwortungsträger wurde ab Juli mit der Schlussbeschichtung der Fassadenflächen begonnen, welche im September 2019 abgeschlossen wurde.
Ich hoffe, mit diesem Beitrag gedient zu haben, stehe für Auskünfte gerne zur Verfügung und verbleibe
mit freundlichen Grüßen
Hubert Schwarz - Restaurator
Vorbereitung zur Kirchenrenovierung