Neues mit Jesus wagen!
Seit einigen Monaten folge ich auf tiktok einer jungen Frau. Sie heißt Lili und lebt in Berlin. Neben der Tatsache, dass Lili unterhaltsame Videos macht und immer wieder spannende Literaturempfehlungen abgibt, hat sie eine wundervolle Gabe: Lili stellt unglaublich tolle Fragen, die sich für viele Situationen eignen: egal, ob für ein erstes Date, Smalltalk bei Business-Veranstaltungen, Familienfeiern uvm. Daher hat Lili sich vorgenommen, 2024 für jeden Tag eine Frage zu stellen, heuer also 366 an der Zahl. Eine dieser Fragen lautet: “Wenn du mit irgendeiner Person aus der Vergangenheit einen ganzen Tag verbringen dürftest, welche Person wäre das?” Nachdem mir zunächst Johann Sebastian Bach oder Alexander Solschenizyn eingefallen sind, dachte ich mir beim Lesen unseres heutigen Evangeliums, dass ich mir als “professionelle Jesus-Freundin" doch wohl wünschen könnte, einen Tag mit dem historischen Jesus zu verbringen. Und ich lade Euch heute ein, mich da zu begleiten!
Wir hören sonntags in diesem Lesejahr vor allem Ausschnitte aus dem Markusevangelium. Die Einleitungen dieser Texte machen aber nicht klar, dass es sich oft um eine fortlaufende Erzählung handelt. Letzten Sonntag haben wir (zumindest in Schutzengel) gehört, wie Jesus am Sabbat in die Synagoge ging und lehrte. Dort trieb er einen Geist aus einem Mann aus, der besessen war. Die Menschen staunten über seine Vollmacht. Und dann geht der Tag noch weiter (wo wir heute am Beginn hörten: “In jener Zeit”). Jesus heilt die Schwiegermutter des Simon. Er hilft ihr, sich aufzurichten und aufzustehen, wir hören hier als geübte Christ*innen das Wort “Auferstehung” mit! Und dann gibt es da einen winzigen Aspekt, der mir selbst zunächst nicht aufgefallen ist. Es heißt, dass die gesundete Schwiegermutter ihnen diente. Da denken wir zunächst wahrscheinlich an eine übliche Bewirtung, aber das griechische Original zeigt uns, dass sie als Diakonin tätig war. Im NT ist damit mehr gemeint als jemanden bei Tisch zu bedienen, meist ist damit eine Beauftragung verbunden. Auch bei Jesus selbst kommt dieses Wort vor – er ist gekommen, um zu dienen, nicht, um sich bedienen zulassen. Somit ist diese Art des Dienens immer mit der Nachfolge Jesu verbunden, was auch für heutige Diakone gilt. Noch ist der Tag nicht zu Ende. Jesus heilt weitere Menschen und treibt Dämonen aus. Als sich die 24 Stunden, an denen wir mit Jesus unterwegs waren, einem Ende zuneigen, sucht Jesus die Einsamkeit und Stille, um zu beten, um wieder Kraft zu tanken für alles, was ihn erwartete.
Mir zeigen diese 24 Stunden im Leben mit Jesus, dass es ganz verschiedene Möglichkeiten gibt, ihm nachzufolgen. Es kann die öffentliche Verkündigung sein – in Wort und Tat, es können intime Begegnungen und Gespräche sein, wo ich mit jemandem seine oder ihre Last teilen und heilsam da sein kann, es kann eine Berufung zur/zum Diakon*in oder Priester*in sein. Letzten Sonntag hat Ines Tobisch, eine Vertreterin der altkatholischen Kirche, mit uns beim ökumenischen Gottesdienst gefeiert. Bei der Begrüßung am Beginn meinte Pfarrer Wolfgang, dass er gar nicht wisse, mit welchem Titel sie da sei und meinte dabei wohl ihre Funktion. Sie bereitet sich gerade auf die Diakoninnenweihe vor und ist trotzdem jetzt schon im Dienst Jesu unterwegs. So können wir alle aus unserer Berufung aus Taufe und Firmung heraus leben. Wir alle sind gesalbt zu König*innen, Priester*innen und Prophet*innen. Tun wir das, was unserer Berufung entspricht – jede und jeder nach den eigenen Möglichkeiten. Wenn wir Tag für Tag mit Jesus unterwegs sind, zeigt er uns den Weg und schenkt uns die nötige Kraft dazu. Darauf vertraue ich! Dieses Unterwegssein kann vielfältig sein und sich im Laufe unseres Lebens immer wieder ändern. Ich lade Sie deshalb wieder mal zu einem Experiment ein, verbunden mit einer Frage für die nächste Woche: Was möchten Sie auf ihrem Weg mit Jesus Neues ausprobieren? Amen.