Predigt
Warum brauchen wir Kirche?
Wo stehen Sie? Das ist keine Frage nach Ihrer parteipolitischen Gesinnung, keine Sorge! Es ist vielmehr eine Frage nach dem Standpunkt. Diese Frage stelle ich ihnen, aber immer wieder auch mir selbst. In den biblischen Lesungen des heutigen Sonntags ist ganz deutlich ersichtlich, auf welcher Seite Gott steht. Er steht an der Seite der Armen, der Schwachen, der Ausgegrenzten, der Bedürftigen.
Manchmal ist es ganz eindeutig, wer diese sind, aber dann gibt es auch Momente, wo das nicht so klar ist. Der Pharisäer hat sich selbst eingeordnet als einen, der fromm und gerecht ist – an sich nichts Schlechtes, das denke ich von mir auch manchmal. Doch bei Gott kehrt sich vieles um, und das ist gut so.
Der heutige Sonntag der Weltkirche, oder Weltmissionssonntag, wie er seit einiger Zeit wieder genannt wird, lädt dazu ein, unser Verständnis von Mission zu hinterfragen. Große und erfolgreiche Firmen haben alle eine „Mission“ und eine „Vision“.
Die Mission beschreibt den Unternehmenszweck. Dieser bringt auf den Punkt, warum es das Unternehmen gibt. Davon ausgehend wird die Vision formuliert. Diese drückt ein langfristiges Ziel oder einen erstrebenswerten Zustand aus.
Auch wenn Kirche kein Unternehmen ist, müssen wir uns wieder fragen, warum es uns gibt. Wenn Sie jetzt meinen, dass das eine „No-na-Frage“ ist, dann gratuliere ich Ihnen. Ich finde es nämlich gar nicht so einfach, diese Frage zu beantworten. Erst wenn wir uns über das Warum klar sind – also unsere Mission kennen – können wir uns Gedanken über das Was und das Wie machen.
Kirche gibt es weltweit. Daher wird die Frage nach dem Warum vielleicht auch je anders beantwortet werden. Und auch das „Wie“ wird sich je nach Kontinent, je nach Mentalität unterscheiden. Wir denken heute besonders an die Menschen in unserer Partnerdiözese Bom Jesus da Lapa in Brasilien, die 60 Jahre Diözese feiern. Warum es Kirche in Brasilien braucht, war mir sehr bald einsichtig: Frauen, Jugendliche, landlose Bauern und andere marginalisierte Gruppen sind dort nicht am Rand, sondern sie rücken in den Fokus. Die Kirche steht an ihrer Seite, unterstützt sie auf vielfältige Weise und hilft auch ganz konkret z.B. mit Lebensmittelpaketen.
Und jetzt interessiert mich: warum braucht es Ihrer Meinung nach Kirche hier vor Ort?