Teilen wir unsere Dankbarkeit!
„Wo sind die neun? Ist denn keiner umgekehrt, um Gott zu ehren, außer diesem Fremden?“
Diese Fragen stellt Jesus, nachdem 10 Aussätzige geheilt worden waren. Er war unterwegs nach Jerusalem, an den Ort, wo er sterben und auferstehen würde. Dazu muss Jesus durch das Grenzgebiet zwischen Samarien und Galiläa, wo die Aussätzigen ihn nach den damals gültigen Regeln nur aus der Ferne ansprechen. Wie Jesus die Menschen von dieser damals kaum heilbaren Krankheit, die alle Erkrankten komplett aus der Gesellschaft ausschloss, tatsächlich heilte, erfahren wir im Text nicht. Vielmehr liegt der Fokus auf der Umkehr und der Dankbarkeit.
Wer kehrt um? Der Samariter, der geheilt wurde, also der Fremde, der mit Jesus bisher noch nichts zu tun hatte. Er ändert die Richtung, kehrt um zu Jesus, um seinem Dank an Gott Ausdruck zu verleihen.
Wofür der Geheilte dankbar ist, ist auch nicht schwer zu erraten. Und doch wird es nicht genügen, wenn ich mich nur „alle heiligen Zeiten“ daran erinnere, was ich Gott alles verdanke. Vor kurzem haben wir ein wunderschönes Erntedankfest gefeiert, jeden Sonntag danken wir Gott in der Eucharistie, doch wenn mein ganz persönliches Leben und mein Alltag nicht von einer Haltung der Dankbarkeit durchzogen ist, wird mich das nicht durch schwere Zeiten tragen können. Es braucht von mir die Aufmerksamkeit auf die kleinen Dinge im Leben. Wenn ich immer wieder Begegnungen habe, die mich dankbar sein lassen, übe ich das auch immer besser ein. Meine Achtsamkeit anderen Menschen gegenüber wird größer, und wahrscheinlich werde ich insgesamt zufriedener leben können, wenn mein Blick auf das gerichtet ist, wofür ich dankbar sein kann und weniger darauf, was mir alles fehlt.
Spannend finde ich tatsächlich, dass es der Fremde ist, der umkehrt und sich bedankt. Umkehr, den Weg zu und mit Jesus zu finden, ist für jeden Menschen möglich. Er schenkt uns immer wieder die Gelegenheit dazu.
Wenn es auch zurzeit so scheint, als hätten wir wenig Grund zur Dankbarkeit aufgrund der zahlreichen Krisen, die wir weltweit, vor Ort und im persönlichen Leben gerade erleben, ist es umso wichtiger, die Haltung der Dankbarkeit einzuüben. Ich lade Sie und mich zu einem Experiment ein: Schreiben wir in dieser Woche jeden Tag am Abend mindestens eine Sache, eine Begegnung oder was auch immer auf, wofür wir dankbar sind. Und bleiben wir nicht beim Aufschreiben, sondern fassen wir Mut, es miteinander zu teilen, einander davon zu erzählen – vielleicht nächsten Sonntag beim Pfarrcafé. Ich bin überzeugt davon, dass wir alle Erfahrungen machen werden, die wir sonst auch machen – aber vielleicht würden wir sie nicht wahrnehmen oder bemerken. Ich wünsche uns viel Freude am Entdecken unserer Dankbarkeit! Amen.