Haltungswechsel
Ein Mann will ein Bild aufhängen. Den Nagel hat er, nicht aber den Hammer. Der Nachbar hat einen. Also beschließt unser Mann, hinüberzugehen und ihn auszuborgen. Doch da kommt ihm ein Zweifel: Was, wenn der Nachbar mir den Hammer nicht leihen will? Gestern schon grüßte er mich nur so flüchtig. Vielleicht war er in Eile. Aber vielleicht war die Eile nur vorgeschützt, und er hat etwas gegen mich. Und was? Ich habe ihm nichts angetan; der bildet sich da etwas ein. Wenn jemand von mir ein Werkzeug borgen wollte, ich gäbe es ihm sofort. Und warum er nicht? Wie kann man einem Mitmenschen einen so einfachen Gefallen abschlagen? Leute wie dieser Kerl vergiften einem das Leben. Und dann bildet er sich noch ein, ich sei auf ihn angewiesen. Bloß weil er einen Hammer hat. Jetzt reicht´s mir wirklich.- Und so stürmt er hinüber, läutet, der Nachbar öffnet, doch noch bevor er „Guten Tag“, sagen kann, schreit ihn unser Mann an: „Behalten Sie sich Ihren Hammer, Sie Rüpel!“
Kennen Sie diese Geschichte mit dem Hammer, die uns Paul Watzlawick in seinem Bestseller „Anleitung zum Unglücklichsein“ erzählt? Muss nicht sein. Aber wir kennen vielleicht ähnliche Geschichten aus unserem Alltag, mit denen wir uns unglücklich machen, weil wir die Welt aus einer ganz eigenwilligen Perspektive sehen.
Im heutigen Evangelium kommen mir die Verwandten und Nachbarn Jesu genauso vor wie der Mann ohne Hammer. Zuerst begeistert, doch dann nagen Zweifel an ihnen. Diesen Jesus kennen wir doch…
Für mich ist die heutige Evangelienstelle wie ein Spiegel, in dem ich die Geschichte meiner eigenen Zweifel wiedererkennen kann. Gerade, wenn mir ein tiefes Vertrauen in die Gegenwart Gottes geschenkt wird, beginnen früher oder später ganz eigenwillige Gedanken, Ideen und Hirngespinste in meinem Inneren herum zu spuken. Dann kommen mir die Zweifel, ob ich mir das nicht alles einbilde mit der Führung Gottes und seiner Fürsorge. Dann denke ich mir, dass ich schon von klein auf durch den Glauben beeinflusst worden bin von meinen Eltern, Lehrerinnen, vom Pfarrer und anderen Wohlmeinenden, die es auch nicht besser wussten. Liebt mich Gott wirklich? Wie und wann kann ich das spüren oder erfahren? Oder hätte ich das nur gerne? Ich bleibe dann ganz eng auf mich selbst bezogen und bin blind und taub für die größere Wirklichkeit um mich, genauso wie die Verwandten und Nachbarn Jesu oder der Mann ohne Hammer.
Aber das heutige Evangelium gibt uns die Lösung in die Hand diesem verzerrten Spiegelbild nicht mehr zu trauen. Jesus lässt sich vom aufgebrachten Mob nicht ins Bockshorn jagen. Er lässt sich auf keine Diskussionen mehr ein, sondern es heißt: Er aber schritt mitten durch sie hindurch und ging weg. Lk 4, 30
Eine Haltung, die uns immer wieder Mut machen kann. Wenn diese unseligen Gedanken kommen, die uns nicht mehr schlafen lassen und uns verführen, schauen wir auf diesen Jesus. Der dreht sich um und geht mitten durch die tobende Menge und verabschiedet sich. Er geht einfach! Geht das? Geht das wirklich?
Probieren wir es aus! Vielleicht wird gerade darin die Größe der Liebe sichtbar, die uns heute Paulus in der Lesung besungen hat und die er selbst erfahren hat vor Damaskus und immer wieder in seinem Wanderleben als Weltmissionar. AMEN!