Gott ist einfach
Heute fordere ich Sie gleich zu Beginn meiner Predigt mit einem Multiple Choice-Test heraus. Aber keine Sorge, es gibt nur eine Frage, das ist sonst ohne Schreibzug zu kompliziert.
Die Frage ist: Wie ist Gott? Folge Antwortmöglichkeiten biete ich Ihnen an:
1. Gott ist ewig. 2. Gott ist anders. 3. Gott ist einfach. – Was stimmt? Was würden Sie ankreuzen? PAUSE
Bei einem echten Test wären maximal 3 Antworten möglich. Und ich denke, dass von diesen drei Möglichkeiten alle stimmen. Wie Gott ist und was wir über ihn sagen und denken können, ist Gegenstand von Überlegungen von Menschen, seit es Religion gibt. Auch im Christentum gibt es unzählige Eigenschaften, die Gott zugeschrieben werden, verschiedene Arten, ihn sich vorzustellen und zu denken. Für Theolog:innen natürlich hochspannend, aber gleichzeitig ist Gott kein Gegenstand einer Forschung, sondern er ist handelndes Subjekt, wenn ich das in meinem Leben erkennen kann.
Herausfordernd finde ich daher die dritte Antwortmöglichkeit: Gott ist einfach. Für mich bedeutet das, dass Gott in der Einfachheit wohnt. Er ist in unsere Welt gekommen, eine Welt, die von unterschiedlichen Menschen unterschiedlich wahrgenommen wird. Und doch ist Gott überall in dieser Welt, wahrscheinlich besonders bei jenen, die ihn am meisten „brauchen“, und gerade dort wird er oft vermisst.
Papst Franziskus schreibt in seiner Umweltenzyklika Laudato Si´:
„Wenn wir die Komplexität der ökologischen Krise und ihre vielfältigen Ursachen berücksichtigen, müssten wir zugeben, dass die Lösungen nicht über einen einzigen Weg, die Wirklichkeit zu interpretieren und zu verwandeln, erreicht werden können. Es ist auch notwendig, auf die verschiedenen kulturellen Reichtümer der Völker, auf Kunst und Poesie, auf das innerliche Leben und auf die Spiritualität zurückzugreifen. Wenn wir wirklich eine Ökologie aufbauen wollen, die uns gestattet, all das zu sanieren, was wir zerstört haben, dann darf kein Wissenschaftszweig und keine Form der Weisheit beiseitegelassen werden, auch nicht die religiöse mit ihrer eigenen Sprache. Zudem ist die katholische Kirche offen für den Dialog mit dem philosophischen Denken, und das gestattet ihr, verschiedene Synthesen zwischen dem Glauben und der Vernunft herzustellen. Was die sozialen Fragen betrifft, kann man dies an der Entwicklung der Soziallehre der Kirche feststellen, die berufen ist, aufgrund der neuen Herausforderungen immer reichhaltiger zu werden.“ (LS63)
Die heutigen biblischen Texte handeln von der Weisheit, die als Person dargestellt wird, und die wir mit Gott selbst identifizieren können. Und auch, wenn manche Texte auf den ersten oder mitunter zweiten Blick sehr kompliziert wirken, braucht es vor allem meine persönliche Offenheit. Was nehme ich heute von den Texten mit? Was möchte ich in meinem Leben umsetzen? Wie gelingt es mir, von der Bibel inspiriert zu leben? Das sind Fragen und Herausforderungen, vor denen wir als gläubige Menschen alle stehen. Somit sind wir alle Theolog:innen, wenn es uns ein Anliegen ist, die Botschaft in uns selbst Fleisch werden zu lassen, wenn wir uns mit anderen austauschen, auch über das, was uns nicht gleich klar ist. Wenn in diesen Tagen und Wochen Kirche sehr oft – und nicht zu Unrecht – kritisiert wird, muss ich mich auch selbst fragen (als Teil dieser Kirche), was ich dazu beitragen kann, dass das Wort Gottes unter uns einen Platz findet und was ich als Christ:in zu einer Gesellschaft beitragen kann, in der aktuelle Fragen offen diskutiert werden und in ein Handeln münden, das gutes Leben für alle (oder zumindest möglichst viele) möglich macht.
Gott ist ewig. Gott ist anders. Gott ist einfach. Und noch viel mehr – machen wir uns auf die Suche! Amen.