Auf dem Weg zur Heiligkeit
Wer von uns ist schon heilig? Wahrscheinlich behauptet niemand das von sich selbst. Vielleicht ist aber bei der einen oder dem anderen von uns eine heimliche Sehnsucht danach nach da, heilig zu werden. Ist das überheblich oder doch ganz katholisch?
Bei mir daheim wurde über sehr gläubige Menschen gesagt: „Der (oder die) ist so heilig.“ Da wurde gläubig mit heilig gleichgesetzt, doch diese Aussage hatte einen eher negativen Beigeschmack. Heute denke ich, dass gläubig sein eine gute Voraussetzung ist, wenn ich heilig werden will.
Im 1. Johannesbrief werden wir Kinder Gottes genannt. Durch die Taufe sind wir in die Beziehung mit Gott hineingenommen. Diese Beziehung verändert mich, sie verändert mein ganzes Leben, und das ganz ohne (Vor)Leistung. Gott will das Leben aller Menschen heil machen, auch meines. Dieses Geschenk anzunehmen, zu lernen, mich mit den Augen Gottes zu sehen, fordert von mir Demut und Mut. Demut, wenn ich erkenne, dass Gott immer der unfassbar Größere und Heilige ist, Mut, wenn ich mich auf ein Leben mit ihm einlasse. Wenn ich mich verwandeln lasse und immer mehr die Person werde, die ich in den Augen Gottes bin, ändern sich auch mein Denken und Handeln. Je tiefer und inniger meine Beziehung zu ihm ist, desto ähnlicher werde ich Jesus. In dieser Hoffnung dürfen wir leben und daraus täglich neu die Zuversicht gewinnen, ein geliebtes Kind Gottes, Jesu Schwester oder Bruder zu sein.
Für den Weg der Nachfolge schenkt Jesus uns in den Seligpreisungen eine Orientierungshilfe. Wenn wir den Text durchlesen, kann es sein, dass ein Gefühl von Überforderung aufkommt – wie soll ich das alles schaffen? Manche der Seligpreisungen erfahren wir im Leben ganz automatisch: jede/r von uns hat schon einmal getrauert und die meisten von uns haben sicher schon einmal jemanden getröstet. Weltweit gibt es Millionen Menschen, die hungern und dürsten nach Brot, Wasser und nach Gerechtigkeit. Durch meinen Lebensstil kann ich dazu beitragen, dass es weniger werden.
Ich lade Sie ein, die Seligpreisungen zuhause einmal in Ruhe zu meditieren und sich aufzuschreiben, welche persönliche Erlebnisse Sie damit verbinden und vielleicht auch zu notieren, wo noch „Luft nach oben“ ist. Aber nicht im Sinne einer Leistung, die es zu erbringen gilt, damit ich heilig werde, sondern im Bewusstsein, dass mein Leben und Handeln auch dazu beitragen kann, dass das Leben meiner Mitmenschen heil wird.
Der Weg zur Heiligkeit ist nämlich kein Wettkampf und soll uns nicht in Stress versetzen. In unserem irdischen Leben werden nur die wenigsten von uns dieses Ziel schon erreichen. Daher ist es gut, wenn es in unserem Leben immer wieder Spuren von Heiligkeit gibt, oder wenn wir aus dem Alltag herausgenommen werden: wenn wir heilige Orte aufsuchen, wenn wir uns in die Heilige Schrift vertiefen, wenn wir Gottes Geist in seiner Schöpfung wahrnehmen, wenn wir Gottesdienst miteinander feiern. Wenn dann etwas von der Heiligkeit in unserem Leben aufleuchtet, dürfen wir es dankbar annehmen und uns mit Menschen weltweit verbunden fühlen, die ebenfalls auf diesem Weg zur Heiligkeit sind. Seien wir aufmerksam für all das Gute, Schöne, Heilige, das unser Leben hell macht! Amen.