Uneigennützigkeit
Bei einem Seminar stellte uns der Leiter die die Frage: Was die wichtigste
Eigenschaft einer Führungskraft sei. Die Antworten von uns Teilnehmenden waren: Entscheidungskompetenz, Zielstrebigkeit, Begeisterungsfähigkeit, usw. Der Leiter sagte, dass dies auch wichtige Eigenschften sind, aber nicht die
Wichtigste: Die wichtigste Eigenschaft einer Führungskraft ist: Uneigennützigkeit!
Sind unsere politischen Führungskräfte uneigennützig? Angesichts der politischen Situation in unserem Land könnten Sie jetzt sagen: Schön wär's, wenn unsere Politiker mit der Eigenschaft der Uneigennützigkeit unser Land regieren. Geht es ihnen nicht denen nicht viel mehr um Wählerstimmen und Publicity? Es gibt aber auch Politiker – wenn es auch nur wenige sind – mit Rückgrat. Sie
weisen auf die entscheidenden Dinge hin, die für die Zukunft der Menschheit wichtig sind. Ich bin mir sicher, dass Sie auch in ihrem eigenen Umfeld ichbezogene Menschen kennen, bei denen sich alles um sie selbst zu drehen scheint, die Meister der Selbstdarstellung sind – aber auch sachbezogene, selbstlose Menschen, die die anderen in den Blick nehmen und das große Ganze sehen.
Zu welcher Art von Menschen gehören Sie selber? – Würden Sie mit Sicherheit antworten: „Natürlich zu jenen, die das Große und Ganze sehen!“?
Ich bin mir da bei mir selbst oft nicht so sicher. Ich frage mich manchmal, habe ich etwas aus reinem Pflichtbewusstsein getan oder weil ich ein Herz für die Menschen habe. Oder vielleicht auch, damit sie mich mögen? Habe ich wirklich immer das große Ganze im Blick, um das es uns als Team gemeinsam geht? Ich habe noch schnell einen Krankenbesuch gemacht. Wirklich aus Nächstenliebe? Oder um mir selbstlobend zu sagen was für ein guter Seelsorger ich bin?
Ich bin mir nicht sicher: Bin ich wirklich einer, dem es immer um die Anderen geht, um das große Ganze?
Aber dann denke ich mir: Muss ich mich unter den Druck setzen: Du musst ganz selbstlos sein? Warum soll ich nicht auch selber etwas davon haben, wenn ich Gutes tue?
Ich glaube, dass in jeder und jedem von uns die Sehnsucht steckt, Gutes zu tun. Vielleicht ist diese Sehnsucht manchmal verschüttet, weil wir Vieles mit Idealismus angepackt haben, aber enttäuscht oder gekränkt worden sind. Aber der Wunsch ist da, dass ich an etwas Größerem mitwirken möchte, als ich selbst bin!
Das heutige Evangelium stellt die beiden Lebenshaltungen einander pointiert gegenüber: Da sind auf der einen Seite Johannes und Jakobus. Sie wollen die besten Plätze ergattern und auf der anderen Seite ist Jesus. Sein Programm lautet: Dienen. „Wer bei euch groß sein will, der soll euer Diener sein.“
Dienen? Das riecht nach Selbstaufgabe und Unterwürfigkeit. Dabei taucht das Wort sehr oft in unserer Sprache auf, wenn wir von Dienstleistungsbetrieben und Dienstleistungsberufen sprechen. Wer ein gutes Service bietet, nimmt dem anderen Arbeit ab. Er und sie tut etwas, was dem Mitmenschen hilft und das Leben des anderen erleichtert –natürlich auch seine Geldtasche. Aber immerhin: Wer ein gutes Service bieten will, muss sich auf sein Gegenüber einlassen und fragen: Was brauchen sie?
Jesus fügt auch noch das Wort „Hingabe“ dazu. „Der Menschensohn ist gekommen, um sein Leben hinzugeben.“ Das geht über den Rahmen eines Dienstleisters hinaus. Hingabe hat mit Leidenschaft zu tun. Z.B. wenn jemand sein Musik-
instrument mit ganzer Hingabe spielt. Oder: Jemand widmet sich einem sozialen Projekt mit Hingabe und Leidenschaft. Das ist ein Eintreten für die Sache, der man sich verschrieben hat. Das heißt auch Widerstand aushalten und und nicht gleich bei der ersten Schwierigkeit davonlaufen. Jesus kann uns hier ein Beispiel sein. Er sucht nicht den Tod am Kreuz. Am Ölberg fleht er seinen Vater an: „Nimm diesen Kelch von mir, ohne dass ich ihn trinke!“ Aber er sagt auch: „Nicht mein, sondern dein Wille geschehe!“ Nicht sein Tod hat erlösende Kraft, sondern seine Bereitschaft, für die Menschen da zu sein, auch wo es schwer, ja vielleicht sogar lebensbedrohlich wird.
Wer nur um seine Macht und Ehre kreist, gerät in Unfreiheit. Wenn ich mich aber frage: Was dient der Sache? Was hilft den Menschen? – dann gewinne ich eine innere Gelassenheit, die gut tut, mir selber und meiner Umgebung. Amen.