Christsein heißt, das Kind in mir zu befreien
Erinnern Sie sich an Ihre Kindheit? Haben Sie gute Erinnerungen daran, oder auch schlechte? Erinnern Sie sich, was Sie damals am meisten angezogen und fasziniert hat? Wovon Sie begeistert waren? Was Sie andererseits gar nicht mochten? Wovor Sie Angst hatten? Wer Ihre Freunde und Vertrauten waren? Wie es mit den Erwachsenen war und den Autoritäten, den Eltern, den Lehrerinnen, dem Pfarrer?
Das heutige Evangelium ist eine Predigt für uns als Erwachsene. Die Logik der Jünger ist weitgehende unsere Logik: Wer ist der Größte, wer macht was am effektivsten? Was lohnt sich? Was hat Sinn? Wer ist einfach der Beste?
Typisch für Jesus ist, dass er unser Denken, Planen, Fühlen und Entscheiden durchkreuzt und auf den Kopf stellt. Kinder als Vorbilder, geht das? Kommt man damit durch? Müssen sich nicht die Kinder an uns ein Vorbild nehmen?
Es gibt ein Kind, auf das wir besonders zu achten haben. Das ist das Kind, das wir selber einmal waren und das tief in unserem Herzen nach wie vor da ist. In jedem und jeder von uns steckt noch das Kind, das wir waren und heute noch sind. Dieses Kind ist von uns oft gefesselt worden, zurechtgestutzt, ja auch missbraucht. Wir haben es den Wünschen, Vorstellungen und Regeln unserer Umgebung unterworfen und nicht auf seine Bedürfnisse geachtet, letztlich nicht auf das, was Gott in uns hineingelegt hat.
Wenn Jesus sagt, dass wir die Kleinen nicht verachten sollen, weil ihre Engel das Angesicht seines himmlischen Vaters sehen, dann heißt das: Das Kind in uns hat noch eine unmittelbare Beziehung zum Geheimnis des Lebens, das wir Gott und mit Jesus Vater, bzw. Mutter, nennen dürfen. Das Kind in uns, unsere Kinderseele, ist im Blickkontakt mit dem Geheimnis Gottes.
Kinder entfalten sich am besten, wenn ich sie voll und ganz ernst nehme, in die Mitte rücke. Das ist der Dienst von Engeln, von Boten Gottes!
Der Tag der Schutzengel heute ermutigt mich, wieder einmal alles in mir, was oft von mir selbst nicht ganz ernst genommen wird oder als zu kindisch abgewehrt wird, anzuschauen, in den Mittelpunkt zu stellen. Umkehren heißt nichts anderes als das Kleine in mir, das Zarte, das Verspielte ins Zentrum zu holen. Ich bin gespannt, was daraus wird, was aus mir dann wird.
Christsein heißt, das Kind in mir zu befreien.
Jesus gibt den Kindern einen besonderen Platz. Tun wir das auch! AMEN!