Wer nicht gegen uns ist, der ist für uns
Wir kennen alle von verschiedenen Gelegenheiten das gesellschaftliche Fragespiel: Wer ist drinnen – wer gehört zu uns und wer ist draußen!
Gestern hatte ich Maturatreffen. Mehr als die Hälfte meiner Schulkollegen sind zusammengekommen. Seinerzeit war klar werden drinnen ist und wer eher am Rand. Die besten Fußballspieler waren die angesehensten in unserer Clique und die in der Schule gut waren, waren auch akzeptiert. Die anderen waren unter: Ferner liefen… Nach über 40 Jahren schaut es anders aus. Fußball spielt kaum jemand von uns – höchsten mit den Enkelkindern und Doktortiteln gelten beim Maturatreffen auch nicht viel. Wir haben einfach die Gemeinschaft, das Wiedersehn genossen und uns gegenseitig von unseren aktuellen Herausforderungen erzählt. Einige haben aber gefehlt. Es gibt auch welche, die sich seit der Matura nie mehr haben anschauen lassen. Schade!
In unserer Kirche gibt es eine lange Tradition, in der sehr klar benannt wurde, wer drinnen ist und zu uns gehört und wer nicht, wer das ewige Heil bei Gott erlangen wird und wer es verspielt hat. Da hat unsere Kirche in den letzten 50, 60 Jahren sehr viel dazu gelernt und ihre Meinung revidiert.
In der Schutzengelkirche gibt es ein Bild, das diese neue Weltsicht der Kirche wunderbar darstellt. Der Priester und Maler Josef Fink hat es auf der Altarwand der Werktagskapelle entworfen und ausgeführt. Er zeigt durch viele Schriftzeichen und Bildkürzel, dass der Geist Gottes in allen Kulturen weltweit gewirkt hat und wirkt und dass dieser Geist Gottes in jedem Menschen da ist. Unten ist das starke Wort aus den Psalmen abyssus invocat abyssum (Ps 42,8) -Der Abgrund ruft den Abgrund zu - zu lesen. Wir alle sind abgründige Wesen, mit abgründigen Fragen, Sorgen und Freuden. Unruhig ist unsere Seele in uns. Gott ist der größere Abgrund, das Lebensgeheimnis, in dem wir Geborgenheit finden dürfen.
Wer nicht gegen uns ist, ist für uns! Wir gehören zusammen. Allein kommen wir nicht durch. Jesus will ein gutes Leben für alle, gleich welcher Herkunft, Kultur oder Religion. Scharfe Abgrenzung empfiehlt Jesus nur, wenn ich in mir selbst spüre, dass mich das Böse von innen her angreift. Da gibt es keine Toleranz mehr. Reiß das aus, was dich verführt. Eine Radikalität, die uns schreckt. Aber wir wissen, auch sie ist heute notwendig, wenn wir ein gutes Leben für alle anstreben und verwirklichen wollen. Abyssus invocat abyssum. AMEN!