In Bedrängnis am Guten festhalten
"Übel muss man mit Übel vertreiben", hat meine Mama früher manchmal gesagt, wenn wir Kinder krank waren und eine grauslich schmeckende Medizin schlucken sollten. Bei Medizin mag das vielleicht stimmen. Für das sonstige Leben zeigen uns die heutigen Schriftlesungen einen anderen Weg. "Magst du auch noch so sehr in Bedrängnis sein, halte fest am Guten, auch wenn du es nicht immer sehen kannst!", feuert uns der Apostel Paulus heute an. Und auch Jesus zeigt uns, dass man Böses nicht mit dunklen Machenschaften vertreiben kann.
"Den Willen des Vaters im Himmel tun", zeigt er uns als Schlüssel. Aber wie geht das? Wie kann ich den Willen Gottes erkennen, besonders in schwierigen Situationen? Es gibt kein Patentrezept, aber die Kirche kennt schon in einer langen Tradition die sogenannte "Unterscheidung der Geister". Es sind Leitlinien, die uns in schwierigen Situationen eine Hilfestellung sein können:
Unterscheidung der Geister
Gute Voraussetzung schaffen
- Wirklichkeitsgehorsam:
- Die Wirklichkeit wahrnehmen wie sie ist und annehmen
- Eigene Träume, eigene Voraussetzungen, Umfeld, … beachten
- Indifferenz:
- sich nicht von "ungeordneten" (egoistischen) Regungen, schlechten Einflüssen bestimmen lassen,
- Diffuse Ängste entlarven. Gottes Geist ist immer klar und konkret
- Was muss ich loslassen, weil es mich bindet und unfrei macht?
- Angstfrei sollen wir eher das Gute in der Seele fördern als das Unklare oder Böse bekämpfen.
- Ehrlich darauf schauen, welche Regungen in mir sind.
Unterscheidung der Geister
- Was ist das Ziel?
- Mehr Gerechtigkeit, Friede, Glaube, Liebe, Hoffnung - Reich Gottes (auf längere Sicht)
- Eigene spezifische Definition dafür formulieren
- Welche Mittel führen zu diesem Ziel?
- Was bringt mehr Frucht? (für alle)
- Was bringt mehr Trost? (für mich)
- Wechselwirkung, keine Konkurrenz!
- Welche Folgen hat meine Entscheidung für die Armen?
- Nicht das Kreuz suchen (kein Wert an sich), aber annehmen wenn nötig
Konkrete Umsetzung:
- Regelmäßige Stille und Gebet, z.b. Tagesrückblick
- Bibelbetrachtung (sich von Jesus formen lassen, wie würde er handeln?)
- Geistliche Erkenntnis, Bauchgefühl und Verstand miteinbeziehen
- Um Rat bitten
- Nicht in einer Krise Entscheidung treffen (vorher Abstand gewinnen)
- Nicht unter Zeitdruck Entscheidung treffen
- Guter Umgang mit der Zeit: ein längeres Zeitfenster nicht mit Kleinigkeiten (social media) vertrödeln, sondern zuerst die großen und wichtigen Dinge tun
- Bewusst nein sagen zum nicht Gewählten: wir können nicht alles haben. Aber das Wenige, für das wir uns entscheiden, ganz leben und "von innen her verspüren und verkosten." (Ignatius von Loyola)
Sich entscheiden
- Nur wer vertraut, kann sich entscheiden.
- Ins kalte Wasser springen
- Mutig Gordischen Knoten mit Schwert durchschlagen wie Alexander der Große in der Sage
Quelle: Stefan Kiechle: Sich entscheiden. Ignatianische Impulse, Band 2