Beziehungspflege
Den Schluss der Abschiedsrede Jesu im Johannesevangelium haben wir heute gehört. Ein berührender und sehr dichter Text, in dem Jesus sich im Gebet an seinen Vater wendet. Er hat den Jünger/innen und uns den Namen Gottes geoffenbart. Hier klingt für uns gleich das „Ich bin, der ich bin“ an – die Offenbarung JHWHs an Mose. So wie mein Name in seine Hand geschrieben ist, so hat Gott auch einen Namen, bei dem wir ihn nennen dürfen. Jemanden beim Namen zu kennen und zu nennen, schafft Beziehung, schafft Vertrauen und Vertrautheit. Diese Beziehung zu Gott, der uns liebt und uns bewahren will, wird im 1. Johannesbrief beschrieben. Ein Kriterium dafür, dass unsere Gottesbeziehung stimmt, ist, wie wir mit unseren Mitmenschen umgehen und wie wir uns auf die Welt einlassen.
Christsein ist heute immer wieder eine Herausforderung. Da kann es schon mal zu Fluchttendenzen kommen, wenn wir das Gefühl haben, dass „die Welt“ es nicht gut mit uns meint. Doch Weltflucht ist nicht, was Jesus für uns im Sinn hat. Genau in diese Welt hinein sind wir gestellt, um Zeugnis von der Liebe Gottes für alle Menschen zu geben. Das bedeutet, dass wir solidarisch leben mit jenen, die Unterstützung und Hilfe brauchen und dass wir darauf vertrauen dürfen, dass Gottes Geist uns dabei stärkt und antreibt.
Die Liebe, von der die Rede ist, meint nicht romantische Gefühlsduselei, sondern Beziehungsarbeit und braucht immer wieder neu meine persönliche Entscheidung für Gott.
Denn diese Liebe ist keine Einbahnstraße. Ich bin gefordert, meinen Teil beizutragen, damit daraus eine Beziehung wird. Gott hat schon alles gegeben – in letzter Konsequenz seinen Sohn für uns. Jesus selbst hat uns ein Beispiel gegeben, wie wir aneinander handeln sollen. Beim letzten Abendmahl in der Fußwaschung, aber auch in vielen Gleichnissen und in der Abschiedsrede, aus der wir heute einen Teil gehört haben.
Jesus will für alle, die an ihn glauben, Freude in Fülle. Dazu braucht es die Einheit untereinander und die Liebe füreinander. In Frankfurt und im Netz findet gerade der 3. Ökumenische Kirchentag statt (vor allem digital). Er steht unter dem Motto „Schaut hin“ und lädt uns ein, unsere Beziehungen anzuschauen, die ökumenische Verbundenheit wieder bewusster wahrzunehmen, denn Jesus teil sich zwar mit, ist aber nicht zerteilt. So ist er seit der Himmelfahrt nicht einfach verschwunden, sondern auf andere Weise präsent – es geht darum, ob ich ihn wahrnehmen kann, in Dir, in mir, in meinem Nächsten.
Auf den Punkt bringt es ein Text aus dem Stundengebet der Kirche, den wir seit einigen Tagen beim virtuellen Nachtgebet beten:
Kurzformel
für Christsein
Freundschaft mit Jesus
Wer das verstanden hat
muss nur noch
darüber nachdenken
wie er oder sie
es verwirklicht
in Jesu Liebe zu bleiben
Freundschaften
wollen gepflegt sein
Amen.