Freundschaftsanfrage von Jesus
Das heutige Evangelium wirkt als würden wir ein Prospekt aufschlagen und wieder einmal Herzen in allen Farben zum Muttertag präsentiert bekommen. In den letzten Tagen wurden wir mit Herzen aus Schokolade, in Tortenform, Herzen aus Brot, aus Sushi, aus Obst und vieles mehr konfrontiert. Mit der Aufforderung: Zeigt euren Mütter eure Liebe.
In der griechischen Philosophie gibt es für das Wort Liebe mehrere Ausdrücke. Zwei davon sind besonders wichtig zum Verständnis des Wortes Liebe. Da ist erstens das Wort Eros. Eros ist die körperliche Liebe. Das bedeutet: Ich will den anderen für mich. Ich liebe dich, weil ich mich bei dir sehr wohlfühle. Das zweite Wort ist Agape. Es bedeutet uneigennützige Liebe. Es ist die seelische Verbindung zwischen zwei Menschen, die sehr stark ist. Agape ist auch die Liebe eines Menschen zu all seinen Mitmenschen, die er hat, ohne etwas von diesem zu erwarten. Als Agape kann man, und da bin ich mir sicher, auch die Liebe der Eltern zu ihren Kindern definieren. Agape wird auch im Christentum bzw. der christlichen Theologie besonders betont. Agape ist der griechische Ausdruck für Caritas, für Nächstenliebe, aber auch für Gottesliebe.
Paulus formuliert einmal im Galaterbrief was Liebe eigentlich meint „Einer trage des anderen Last.“
Das ist es vielleicht. Das macht die Liebe aus, von der Jesus spricht. Liebe hat weniger mit dem Schönen, mit dem Edlen, mit dem Makellosen zu tun. Liebe hat damit zu tun, dass Menschen zueinanderstehen, füreinander eintreten, dass einer des anderen Last trägt.
Und wenn ich es noch etwas überspitzter formulieren darf: Liebe hat damit zu tun, dass Menschen sich mit ihren Ecken und Kanten ertragen. Ertragt einander!
Vielleicht ist das ja die beste Umschreibung dessen, was Jesus mit seiner Grundforderung nach der gegenseitigen Liebe meint. Tragt miteinander und ertragt einander. Liebe ist sicher noch einmal etwas anderes als reines Ertragen. Aber sich gegenseitig zu ertragen, das ist – denke ich – ein richtiger Anfang.
Einen zweiten Punkt aus dem heutigen Evangelium möchte ich noch herausheben.
Ich nenne euch nicht mehr Knechte; denn der Knecht weiß nicht, was sein Herr tut. Vielmehr habe ich euch Freunde genannt; denn ich habe euch alles mitgeteilt, was ich von meinem Vater gehört habe.
Nur Freunden vertrauen wir unser Kostbarstes an. Unsere Kinder sind für mich das Kostbarste und ich war und bin heute noch sehr genau, wem ich sie anvertrauen kann.
Jesus vertraut seinen Jüngern das Kostbarste an, das er hat, die Worte des Vaters, das war Gott der Welt zu sagen hat. Jesus traut den Jüngern zu, dass sie diese Worte weitergeben, dass sie diese Worte allen Menschen zu allen Zeiten sagen. Jesus hat ihnen damit unfassbares Vertrauen geschenkt. Jesus bezieht die Jünger ein in seinen Dienst.
Freundschaft ist etwas Wunderbares. Viele Menschen haben einen besten Freund oder eine beste Freundin, der oder die sehr wichtig für sie ist. Was bedeutet uns ein Freund? Einem Freund kann ich alles sagen, ein Freund weiß wie mir zumute ist, er versteht mich. Ein Freund ist da, wenn man ihn braucht, auf ihn ist Verlass. Ein Freund geht ehrlich mit mir um, bei ihm sind Geheimnisse gut aufgehoben. Ein Freund nimmt sich Zeit für mich.
So ein Freund will Jesus für uns sein!
Ist das nicht einfach unglaublich! Er, der Schöpfer des Universums, will mit Ihnen, mit Dir mit mir eine Freundschaft eingehen! Heutzutage würde man sagen er macht eine Freundschaftsanfrage. Zu einer Freundschaft gehören aber immer zwei. Jesus bietet uns seine Freundschaft an. Das heißt aber auch, dass wir uns wie Freunde Jesu verhalten sollen. Unser Zeichen dafür, dass wir die Freundschaft mit Jesus suchen ist es, so zu leben, wie er es möchte. Das bedeutet, die Menschen um uns zu lieben, so wie Jesus es uns gezeigt hat. Das bedeutet aber auch, dass wir uns Zeit nehmen für diese Freundschaft und mit Jesus zusammen sind heute in der gemeinsamen Feier in der Kirche, im Gebet, in unserem Alltag und in unserem Tun dem Nächsten gegenüber.
Ich möchte mit der Freundschaftsanfrage von Jesus schließen:
Dies trage ich euch auf: Liebt einander!