Predigt
Gehen wir raus...
Fehlanzeige werden sich vielleicht manche von Ihnen gedacht haben, als die Bläser das bekannte Adventlied „Macht hoch die Tür“ intoniert haben. Einigermaßen verstimmt waren womöglich einige, als das Lied dann nach der Palmweihe auch noch vorgesungen wurde. Warum diese Verwirrung heute?
Weil es einfach passt zum Evangelium, zum Anlass des heutigen Tages, zum Kommen Jesu nach Jerusalem damals und heute zu uns.
Dieses Lied ist 400 Jahre alt. Mitten im 30jährigen Krieg ist der Text von einem evangelischen Pfarrer, Georg Weißel, in Königsberg in Ostpreußen nach Psalm 24 verfasst worden für die Weihe einer neuen Kirche und für seine Amtseinführung als Pfarrer. In diesen unsicheren Zeiten hatte der Besitzer des Nachbargrund-stückes der Kirche, ein wohlhabender Geschäftsmann sein Gut abgesperrt und damit auch den direkten Weg zur Kirche für die BewohnerInnen des nahen Alten- und Krankenhauses blockiert. Am Sonntag nach der Amtseinführung ging der neue Pfarrer zu diesem Geschäftsmann Sturgis und bat ihn eindringlich den direkten Zugang zur Kirche für die Leute vom Armenhaus zu öffnen. Als Bekräftigung seiner Bitte sang der Kirchenchor dort dann sein Lied „Macht hoch die Tür“. Sturgis war so beeindruckt von diesem Lied, dass er sofort die Schlüssel nahm und die Tore aufsperrte und offen ließ.
Soweit die Entstehungslegende dieses Liedes. Mir fällt dazu die Rede unseres Papstes ein, die er vor dem Konklave, in dem er dann gewählt wurde, den Kardinälen hielt. Darin meinte er, dass Christus heute nicht von außen an die Türen unserer Kirchen anklopft, um hereinzukommen. Nein, Jesus klopft von innen an, „damit wir ihn herauskommen lassen. Die egozentrische Kirche beansprucht Jesus für sich drinnen und lässt ihn nicht nach außen treten.“
Macht hoch die Tür, die Tor macht weit, heißt in diesem Sinne: Machen wir unsere Türen auf, die Türen unserer Herzen und unsere Kirchentüren, damit Jesus und wir mit ihm zu den Menschen kommen, die auf uns warten, die uns um den Segen bitten, um unser Mitgehen, um unser Solidarität, um unser Mitfühlen, um unseren Einsatz, um unsere Umkehr, unseren Neuanfang.
Der Palmsonntag ist das Tor hinein in die Leidenswoche Jesu. Der Palmsonntag motiviert uns alle Jahre neu, dass wir uns auf seine Liebe einlassen, die bis zum Äußersten gegangen ist. Gehen wir aus unserer Quarantäne der miesen Stimmung, der schlechten Gedanken und der Angst heraus. Hören wir alte Lieder neu. Vertrauen wir dem Kommen Jesu zu uns und werden wir selbst kreativ seine heilsame Aufmerksamkeit für die anderen zu leben.
Gehen wir mit ihm – gehen wir raus… AMEN!