Mission is possible
„Jetzt aber, wenn ihr auf meine Stimme hört und meinen Bund haltet, werdet ihr unter allen Völkern mein besonderes Eigentum sein.“ So spricht Gott zu Mose, der die Gottesrede dem Volk Israel ausrichten darf. Eine Zeit lang sind sie schon unterwegs in der Wüste, manche sehnen sich zurück nach dem Fleischtöpfen Ägyptens, nach der „guten alten Zeit“, als sie gezwungen waren, als Sklav/innen in Ägypten zu schuften.
Was darf uns aufwecken an dieser Aussage? Jetzt aber ist es soweit: nicht irgendwann vielleicht, sondern jetzt beginnt das neue Leben mit Gott, wenn wir auf seine Stimme hören und seinen Bund halten. Das gilt auch für uns, immer wieder neu. Manchmal sehnen wir uns im Verborgenen auch nach irgendwelchen Fleischtöpfen zurück, aber Gott ist ein Gott der Gegenwart und Zukunft. Der Bund ist eine tiefe und innige Verbindung mit diesem Gott, die ich auf verschiedene Weise pflegen und erleben darf. Verbindung braucht es aber nicht nur mit ihm, sondern mit anderen Menschen. Diese Verbindung ist auf unserem Partnerschaftskreuz gut dargestellt: einerseits mit den verschiedenen Holzarten aus Brasilien und Österreich und andererseits mit den bunten Bändern, die ebenso für die Verbindung zwischen den Menschen unserer Partnerdiözese und uns stehen.
Knappe drei Monate durfte ich letztes Jahr dort verbringen. Als „Missionarin“ aus Österreich wurde ich vorgestellt. Das war zum einen eine Verlegenheitslösung, denn da ich keine Ordensschwester bin und es meinen Beruf in Brasilien nicht gibt, sollte es etwas allgemein Verständliches sein. Zu Beginn fühlte ich mich sehr unwohl mit dieser Bezeichnung. Das änderte sich im Lauf der Zeit jedoch stark, nämlich als mir klar wurde, dass es um das Verständnis von Mission geht. Dort spürte und erlebte ich zum ersten Mal, was es bedeutet, wenn ich mich evangelisieren lasse. Wenn ich mich auf das Verständnis der Frohen Botschaft der Menschen in Bom Jesus da Lapa einlasse. Auf das Verständnis von zunächst völlig fremden Menschen, was aber nie spürbar war. In jeder Pfarre, in jedem Dorf, bei jeder Versammlung wurde ich herzlich aufgenommen. Ich bekam einen guten Eindruck vom Leben der Menschen, das eng mit ihrem Glauben verbunden ist. Lebendiger Glaube, gelebt und gefeiert unter völlig anderen Umständen als hier in Europa, hier in unserem Pfarrverband. Ich habe mich berühren lassen von ihrem Umgang mit dem Wort Gottes und dabei vieles wieder neu und anders entdecken dürfen. Es ist schwer in Worte zu fassen. Ein Beispiel fällt mir zur Verdeutlichung ein: Einige Tage vor Weihnachten war ich in der Pfarre Jaborandi zu Gast. Dort wurde bei älteren oder kranken Menschen zuhause eine Novene gebetet. Zuhause bedeutete aufgrund des Wetters, dass man sich abends im Freien, meist im Hof oder Garten einer Familie, traf. Beim ersten Gebet war eine sehr alte bettlägrige Frau dabei, die auf dem Sofa lag und so mitten im Geschehen sein durfte. Bei der Novene ging es um das bevorstehende Weihnachtsfest, aber das drängendste Thema war die Bitte um Regen, die so intensiv vorgebracht wurde, dass ich einfach nur beeindruckt vom tiefen Glauben und Vertrauen der Menschen war. Trotz der eindrucksvollen Frömmigkeit war das alles ganz natürlich und mir sind auch die große Freude, die Gelassenheit und der Humor der Menschen aufgefallen, so wie es Papst Franziskus einmal betonte: „Das Kennzeichen derer, die Jesus verkünden, ist die Freude.“ Mission bedeutet also nicht, dass ich meinen Glauben oder – noch schlimmer – Gott zu den Menschen bringe, sondern dass ich mich in der Begegnung mit anderen Menschen, in anderen Kontexten von der Heiligen Schrift berühren lasse.
Diese Frohe Botschaft will auch in die Tat umgesetzt werden: Jesus beruft Menschen und vertraut ihnen unterschiedliche Aufgaben an, denn die Not seiner Zeit war so groß, dass er nicht alles alleine bewältigen konnte. So wollen wir uns auch in unserer Partnerschaft immer mehr dessen bewusst werden, dass wir nicht allein sind, dass wir voneinander lernen, miteinander viel Gutes bewirken können für die Menschen, die heute in Not sind. Beten wir heute besonders für die Menschen in unserer Partnerdiözese, die noch mitten in der Corona-Pandemie stecken und lassen wir sie spüren, dass sie nicht allein sind. Amen.