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Die Romanfiguren von Lavinia Braniste, Christine Teichmann und Ilse Kilic versuchen, dem Leben Glück abzuspielen, was ihnen mal mehr, mal weniger gelingt. Lavinia Branistes HeldInnen müssen sich im wirtschaftlich brutalen Klima Bukarests zurechtfinden, Christine Teichmanns ProtagonistInnen arbeiten sich an Identitätsfindung und sexueller Orientierung ab, bei Ilse Kilic läuft die Suche nach Glück über ein ästhetisch-existentielles Spiel.
Sowohl die Kurzgeschichten, an denen die rumänische Schriftstellerin Lavinia Braniste zurzeit arbeitet als auch ihr enthusiastisch rezensierter Roman „Null Komma Irgendwas“ sind in Bukarest verortet. Die Figuren ihrer Texte arbeiten sich am Glück ab: Meist ist es der brutale neoliberale Kontext, der das Vögelchen nicht und nicht landen lassen lässt. In „Null Komma Irgendwas“ zeichnet Lavinia Brani‚ste lakonisch und nicht ohne Selbstironie das Bild einer jungen Frau, der die nötige Skrupellosigkeit und Ellbogenmentalität fehlen. Obwohl alles schief zu laufen scheint für die Ich-Erzählerin Christina, und alles irgendwie gegen sie ist, gibt sie nicht auf. Für diesen aussichtslosen Kampf um ein Zipfelchen Glück in Form einer leistbaren Wohnung, einer Beziehung, die den Namen verdient, in Form von Solidarität und Freundschaft, einer glücklichen Schwangerschaft entwickelt Lavinia Brani‚ste Bilder von Verlorenheit, die so unter die Haut gehen, dass man die Protagonistin in den Arm nehmen möchte. Glück ist bei Lavinia Brani‚ste das, was schmerzhaft fehlt.
Ganz anders die Texte der aus der Slam Poetry kommenden Schriftstellerin Christine Teichmann. Zwei Romane, „Gaukler“ und „Zu ebener Erde“, hat sie bislang veröffentlicht, Bücher, deren ProtagonistInnen nach schwierigen Selbstfindungsphasen Aussicht auf ein glückliches Leben haben. Was Glück in den Romanen Christine Teichmanns bedeutet? Selbstbestimmtheit, Freiheit, Freundschaft, soziale Sicherheit, Entfaltungsmöglichkeit. In „Zu ebener Erde“ verschwindet die Mutter, eine Opernsängerin, als die Protagonisten Ida und Gabriel noch Kinder sind, der Vater, ein mäßig begabter und zur pathetischer Geste neigender Schauspieler, schlägt sich mit Theaterkram und Engagement-Troubles herum, ohne Zeit für sie zu haben. Die Liebe und Fürsorge der Geschwister füreinander entwickelt sich zu einer inzestuösen Verbindung, die dem jungen Ich-Erzähler für einige Zeit zum Deutungshorizont wird und einiges aufzulösen gibt. Doch schreibt Christine Teichmann ihren Figuren Lebenswillen, Humor und Selbstironie ein, die das Glück in Reichweite halten und dem Roman Leichthändigkeit bescheren.
Die Widerständigkeit der Wiener Autorin Ilse Kilic gegen ein zunehmend neoliberal getrimmtes Gesellschaftsideal ist berückend konsequent: Sie stellt das Recht auf Glück ins Zentrum ihres literarischen Schaffens wie ihres konkreten Lebens und sie befragt dieses Recht lustvoll-anarchisch, Grenzen dabei aufhebend, Grenzen zwischen Fiktionalität und Realität, Grenzen zwischen den Kunstformen, Grenzen zwischen Philosophie, Politik und Ästhetik, und alles mit Witz und in hohem formalen Anspruch. Glück ist fragil und bedroht und fliegt einfach weg oder zu Boden, dann hebt es die Autorin Ilse Kilic auf und schaut es an und sinniert, fabulierend dabei, was das literarische Zeug hält. Im aktuellen Buch „Das Buch, in dem sie Kontakt aufnehmen“ lässt sie eine Autorin, die den Namen Ilse Kilic trägt, in ihr gerade im Entstehen befindliches Buch springen, ein Leser verliebt sich in eine Romanfigur und die handelnden Personen beschließen ohne die Autorin den weiteren Verlauf des Textes.
Birgit Pölzl