Die apokalyptischen Fenster in der Kapelle
Die Bleiglasfenster in der Kapelle waren 1980 bis 1983 von Architektin Barbara Konrad kostenlos entworfen und ausgeführt worden. Im Sommer 2000 wurden diese im Laufe der Jahre verwitterten Fenster in Bleiglastechnik unter Mitwirkung von Barbara Konrad in der Glasmalerei des Stiftes Schlierbach in Oberösterreich neu gestaltet.
Thematisch bezieht sich Konrad in ihren Darstellungen auf die Offenbarung des Johannes. Dieses letzte Buch des Neuen Testaments will nicht den Gang der Welt- und Kirchengeschichte voraussagen. Ebenso wenig ist es ihre Absicht, die damals bald erwartete Wiederkunft Christi in ihrem Ablauf genau zu beschreiben. Mit ihren zahlreichen Bildern will sie vielmehr bedeutsame Wahrheiten über Kirche und Menschheit verkünden. Als Zeugnis des unerschütterlichen Glaubens an den Sieg Christ und seiner Getreuen ist diese einzige prophetische Schrift des NT das große Trost- und Mahnbuch der Kirche geworden.
Die apokalyptischen Reiter (Offenbarung 6,1 - 17)
Die Offenbarung des Johannes malt ein düsteres Bild von der Welt. Man könnte sagen, sie hat eine "negative Weltanschauung". Unmittelbar vor ihrer Entstehung waren die ersten grausamen Christenverfolgungen und der ebenso grausame jüdische Krieg, in dem Römer die Juden fast vernichtet und den Tempel zerstört hatten. Diese Grausamkeit sahen die Gemeinden, zu denen der Seher spricht in der ganzen Welt, und sie wird in Bildern beschrieben, wie wir sie sonst nur aus Albträumen oder paranoiden Phantasien kennen. Jeder Bild schildert wie in einem Brennglas den Gesamtzustand der Menschheit, so auch die vier apokalyptischen Reiter. Sie rasen über die ganze Welt, über alle Völker und Zeiten hin. Der Wille zur Macht, der Krieg mit all seinen grausamen Taten, der immer wieder auftauchende und bewältigbare Hunger und schließlich der Tod, dem alle verfallen sind. Der Seher enthüllt uns das nichts Unbekanntes, worin aber liegt sein Trost?
Das geschlachtete und lebendige Lamm (Offenbarung 5,1 - 14)
Das Fenster und das Kapitel 5 mit dem Lamm ist wohl das geheimnisvolle Zentrum der Offenbarung, denn es vereint die Botschaft und das geheime Wissen der beiden ersten Fenster: Die Macht der Gottlosen geht auch über das ohnmächtige Lamm Gottes hinweg. Gott erscheint in der Welt nicht als der mächtige, sondern als der ohnmächtige Mensch wie wir. Die Macht der Liebe kann und will es sich leisten, auf Macht zu verzichten, um auf der Seite derer zu stehen, über die die apokalyptischen reiter und alle Ungeheuer dieser Welt hinwegsausen. In dieser Weltgeschichte tritt Gott als der Liebende und draum als der auf, der auf Macht verzichtet, denn dies ist das Wesen der Liebe. Aber dass Gott auch jenseits der Ohnmacht der Liebe diese mit seiner allmächtigen Schöpfermact wieder vereinen und verbinden kann, das zeigt die Auferweckung des Lammes - es lebt! Gerade die ohnmächtige Liebe kann niemanden töten, weil die Macht der Liebe von anderer Art ist als die Macht der Menschen - sie ist schöpferisch.
Der Thron Gottes und die himmlischen Wesen (Offenbarung 7,1 -11)
Zeigen uns die vier apokalyptischen Reiter, was immer und überall in der Welt ist, so zeigt uns dieses Fenster, was "hinter" der Welt ist: Die tiefste Wirklichkeit, seine unaussprechliche Herrlichkeit und Schöpfermacht. Diese seine Schöpfermacht wird hier nicht am unermesslichen Sternenhimmel symbolisiert, sondern an den vier mächtigsten Lebewesen, die der damaligen Welt bekannt waren: am Menschen, am Löwen, am Stier und am Adler. Wenn Gott solche mächtigen Wesen schafft, wie lebendig und mächtig muss er selbst erst sein! Diese Lebewesen, diese animalische Kraftkonzentrationen, werden noch übersteigert, denn sie sind innen und außen voller Augen, voller Geist, will dieses Bild sagen. Geist, Leben und Macht, das ist die Schöpfung, die aus der Tiefe des Schöpfers immer und immer hervorgeht. Vor ihnen vergehen selbst die apokalyptischen Reiter wie Staub im Wind. Selig, wer durch dieses Fenster der Schöpfung zu Gott hinausschauen kann.
Der neue Himmel und die neue Erde (Offenbarung 21,1 -22,5)
Dass aus aller Not der Welt heraus die Menschen Sehnsucht nach dem Himmelhaben, ist leicht verständlich. Gott aber verheißt eine neue Erde und sogar einen neuen Himmel! Nicht die Flucht aus der Welt hinaus zeigt uns dieses Fenster, sondern die unbeirrbare Schöpfungsabsicht Gottes, gerade aus dieser leidvollen und grausamen Welt etwas zu machen und sein Schöpfungswerk unbeirrbar zu Ende zu führen. Die himmlische Stadt Jerusalem ist dabei das uralte Symbol jeder ersehnten vollkommenen Gemeinschaft. Wie mag das Eltern trösten, deren Kinder auf gottlosen Wegen gehen, wie Politiker/innen, die sich um die "Polis", das heißt um das Wohl der Gemeinschaft kümmern; wie die Hirten der Kirche, die in ihren Gemeinden schon eine alternative Gemeinschaft dieser Welt aufbauen. Gottes Schöpfungswerk ist nicht vergebens gewesen, Gotte Erlösungswerk ist kein Misserfolg! Die Sehnsüchte und Träume der Menschen sind nicht umsonst geträumt!
"Von Gott selbst geht ein Strom, das Wasser des Lebens aus, die Bäume des Lebens erblühen, tragen Früchte und bringen Heilung den Völkern." (Barbara Konrad, + 6.5. 2004)