Der Herr ist mein Licht und mein Heil
Wie geht das mit dem Vertrauen? Kann ich Vertrauen lernen?
Die Zeit vor Ostern ist eine Schule des Vertrauens. Frauen und Männer aus der Bibel werden uns als Modelle für den Glauben vorgestellt. Heute in der Lesung war es Abram, der Vater des Glaubens für die Gläubigen im Judentum, im Christentum und im Islam.
Genauso entfaltet der heutige Psalm (Ps27) die Dynamik des Vertrauen Lernens: Der Herr ist mein Licht und mein Heil! (Ps 27,1) So beginnt dieses Glaubenslied. Es beginnt mit voller Überzeugung und Begeisterung. In einer Beziehung würden wir sagen, mit der Phase der Verliebtheit. Der oder die andere ist mein Star, mein Licht, der Mittelpunkt meines Fühlen und Wollens. Alles andere ist relativ und unbedeutend: Vor wem sollte ich mich fürchten? Vor wem sollte mir bangen? (Ps 27,1)
Doch auch, wenn wir den ersten Vers immer wieder als Kehrvers wiederholen, die erste Begeisterung wird gründlich hinterfragt und abgeklopft. Das kennen wir aus Beziehungen, von Aufgabenstellungen, die uns zunächst interessieren und sich dann als recht mühsam entpuppen.
Nach der anfänglichen Glücksphase kommen auch im Glaubensleben die Herausforderungen, die Unsicherheiten, die Zweifel und das Vertrauen drückt sich jetzt ganz anders aus, in einer Bitte: Höre, Herrn, meine Stimme! Ps 27,7 Dieses Vertrauenlernen erfordert das Suchen, d.h. das Nachfragen, Nachdenken, sich auf einen inneren Weg einlassen: Suchet mein Angesicht! Dein Angesicht, Herr, will ich suchen. Ps 27,8 Vertrauen lernen ist anstrengend und herausfordernd. Kann ich das Gesicht Gottes überhaupt finden? Lässt sich Gott anschauen? Die Angst ist immer wieder bei vielen suchenden und gläubigen Menschen da, dass Gott unnahbar bleibt. Darum der Schrei: Verlass mich nicht. Ps 27,9
Die Sonne der Nähe Gottes scheint sich hinter den Wolken der Ungewissheit und Angst zu verstecken. Im Psalm macht sich der Beter, die Beterin selbst Mut: Ich bin gewiss, zu schauen die Güte des Herrn…Hoffe auf den Herrn, sei stark und fest sein dein Herz! Und hoffe auf den Herrn. Ps 27, 13-14.
Gerade dieses unerschütterliche Hoffen ist die Schule, in die wir jetzt geschickt werden angesichts des Kriegs in Europa und der nicht enden wollenden Pandemie. Nur das Vertrauen lässt mich an die Sonne denken, wenn ich sie vor lauter Wolken nicht mehr wahrnehmen kann.
Ich glaube an die Sonne, auch wenn sie nicht scheint.
Ich glaube an die Liebe, auch wenn ich sie nicht spüre.
Ich glaube an Gott, auch wenn ich ihn nicht sehe.
Diese Sätze waren auf einer Wand im Warschauer Ghetto während der Judenpogrome des 2. Weltkriegs zu lesen.
Wer so vertrauen gelernt hat, wird den Vers: Der Herr ist mein Licht und mein Heil, anstimmen können. AMEN!