Geborgenheit in der Familie?
Der klassische Familienbegriff ist noch immer Mutter, Vater und Kind bzw. Kinder.
Stimmt dieser Begriff Familie heute noch? Können wir – auch in der Kirche – die Augen vor den Wirklichkeiten heutiger Familienstrukturen verschließen, die da heißen Alleinerziehende, Lebensgemeinschaften mit und ohne Kinder, gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften oder Patchwork-Familie? Sprechen wir all diesen familiären Lebensgemeinschaften ihre Berechtigung als Familie ab, nur weil wir uns am Idealbild Familie festklammern? Es steht uns kein Urteil darüber zu, warum das klassische Bild von Familie nicht in diesem engen Sinn verwirklicht wird und dass daher die Familiensituation dort nun einmal so ist, wie sie ist.
Die österreichische Psychologin Elisabeth Lukas hat zum Begriff Familie folgendes gesagt:
Familie ist, von ihrem Ur-Sinn her, Geborgenheit. Bedingungslose Geborgenheit, solange sie intakt ist.
Bedingungslose Geborgenheit, genau das können wir auch von der Heiligen Familie lernen. Die Geborgenheit die Josef, Maria und dem Kind schenkt, trotz des Wissens, dass er nicht der Vater dieses Kindes ist. Die Geborgenheit eines Stalles im Angesicht der Kälte der Menschheit. Die Geborgenheit des Aufbruchs nach Ägypten, weil ein herrschsüchtiger Despot dem Kind nach dem Leben trachtet und unschuldige Kinder töten lässt.
Was können wir für unser Familienleben – wie immer es auch aussieht – aus dem heutigen Evangelium mitnehmen, das uns ein Stück religiöse Geborgenheit schenkt? Ich habe für mich drei wesentliche Punkte gefunden:
1. Das Feiern von Traditionen
Wir haben gehört, dass die Eltern Jesu – wie jedes Jahr – zum Paschafest nach Jerusalem gingen. Das heißt, Jesus ist von Kind auf mit den religiösen Praktiken seiner jüdischen Religion vertraut gewesen. Seine Eltern waren die ersten Glaubensvermittler. Von ihnen wird er die ersten Gebete gelernt haben, so das Sh’ma Israel – das Höre Israel, mit ihnen begab er sich auf die traditionellen Wallfahrten von Nazareth nach Jerusalem. Sein Vater Josef wird ihn in die Synagoge mitgenommen haben.
Wie geht es unseren Kindern heute? Wer lernt ihnen das Kreuzzeichen, das Vater unser und erklärt ihnen warum wir Weihnachten oder Ostern feiern? Schieben wir diese Verantwortung den Kindergarten- und Religionspädagog:innen zu?
Gerade unsere Grundgebete sind heute kein selbstverständliches Glaubenswissen junger Menschen.
2. Staunen lernen
Im Blick auf Jesus wird wiederholt vom Staunen der Menschen gesprochen. Z.B. von Menschen, die über die Worte der Hirten staunten. Josef und Maria, die über die Worte, die der greise Simeon über Jesus sprach, staunten, und im heutigen Evangelium sind es Menschen im Tempel die aus dem Staunen nicht herauskommen. Weihnachten ist ein idealer Zeitpunkt um wieder mit den Augen eines Kindes zu schauen und zu staunen. Staunen und sich freuen über den schön geschmückten Christbaum, über die Geschenke die mit Liebe ausgesucht worden sind und nicht zuletzt über das Kind in der Krippe.
3. Gehörtes im Herzen bewahren
„Wusstet ihr nicht, dass ich in dem sein muss, was meinem Vater gehört? Doch sie (Maria und Josef) verstanden nicht, was er damit sagen wollte.“
Jetzt wird mir das traute hochheilige Paar erst so richtig sympathisch und menschlich. Wie oft geht es mir und wahrscheinlich auch Ihnen mit dem Wort Gottes so, dass das Gehörte nicht immer gleich verständlich ist.
Zweimal lesen wir von Maria, dass Sie die Worte – die sie anfangs nicht verstand – in ihrem Herzen bewahrte. Wie die Hirten zum Stall kamen und von der Botschaft des Engels erzählten und heute, nach der großen Verständnislosigkeit über die Worte des pubertierenden Jesus.
Zusammengefasst gibt uns das heutige Evangelium drei Eck- oder Orientierungspunkte, wie wir in unseren Familien ein Stück weit die Geborgenheit des Glaubens spürbar machen können:
- Das Feiern von Traditionen
- Staunen lernen und
- Gehörtes im Herzen bewahren. Amen!