Es geht auch ganz anders!
Es geht auch ganz anders!
- ist in unserer Familie und bei vielen von uns Weihnachten ein ganz stark ritualisiertes Fest. Wer sich mit wem wann und wo trifft, welche Lieder und Texte zur Feier genommen werden, was es am Heiligen Abend zu essen und trinken gibt und wer heute am Christtag zu Besuch kommt, bleibt über Jahre oft gleich. Gerade solche fixen Bräuche stärken unser Selbst-verständnis und auch unseren Glauben. Jahr für Jahr hören wir dieselben Lesungen zu Weihnachten in unseren Gottesdiensten und singen mit Begeiste-rung die vertrauten Lieder und wenn Stille Nacht fehlt, dann stimmt etwas nicht.
Aber es geht auch ganz anders. Das hat mir letztes Jahr eine mittelalterliche Buchmalerei gezeigt, die in meinem Adventkalender abgedruckt war:
Da finden wir die gewohnten Krippengesellschaft: Maria und Josef mit dem Kind und dazu Ochs und Esel. Aber irgendwie scheint hier etwas nicht zu stimmen, verkehrte Welt, falscher Film, Rollentausch. Maria sitzt im Bett und liest Gottes Wort. Josef sitzt auf der Erde und hält das Jesuskind in seinen Armen und flüstert ihm beruhigende Worte ins Ohr, während sich der Esel staunend über Josef beugt und der Ochs Maria anstarrt. Zwischen Maria und Josef breitet sich eine herrliche rote Bettdecke aus, die mit Sternen übersät ist. Es scheint der Himmel auf die Erde gefallen zu sein. Das Rot der Liebe verbindet die Heilige Familie.
Weihnachten hat die Kraft uns immer wieder neu zu überraschen. Gott zeigt sich ganz anders, nicht fern sondern nah, nicht jenseitig erhaben sondern als einer von uns in Fleisch und Blut. Dazu schreibt Papst Franziskus in der Enzyklika Laudato si (Nr. 245): Im Herzen dieser Welt ist der Herr des Lebens, der uns so sehr liebt, weiter gegenwärtig. Er verlässt uns nicht, er lässt uns nicht allein, denn er hat sich endgültig mit unserer Erde verbunden, und seine Liebe führt uns immer dazu, neue Wege zu finden. Er sei gelobt.
Neue Wege haben Maria und Josef gefunden in diesem alten Weihnachtsbild. Gottes Wort, seine Berufung entdecken wir im meditativen Lesen und Studieren genauso wie im lebendigen Menschen, der uns anvertraut ist. Neue Wege dürfen wir heuer suchen und finden für diese verletzte Welt, für unsere bedrohte Gesellschaft. Der menschgewordene Gott geht diese neuen Wege voraus und gibt sich in unsere Hände. AMEN!