Was steckt dahinter?
Würde Maria heute leben, wie hätte sie wohl die Strecke von Nazareth bis ins Bergland von Judäa zurückgelegt? Immerhin sind es an die 150 km, die sie eilte, wie es im heutigen Evangelium heißt. Wenn sie es so eilig hatte, hätte sie auf Zugfahrpläne Rücksicht genommen, oder wäre sie lieber doch schnell ins Auto gesprungen, damit sie schneller da ist und ihrer Verwandten Elisabeth so schnell wie möglich die unfassbaren Neuigkeiten aus ihrem Leben berichten kann? Oder hätte sie einfach schnell eine Sprachnachricht per WhatsApp geschickt? Das würde am allerschnellsten gehen und so könnte sie diese Nachricht auch gleich unter all ihren Freundinnen verbreiten und nicht nur einer Person davon erzählen. Aber wäre das das gleiche?
Ich lade euch heute ein, dass wir gemeinsam in diese Geschichte eintauchen und dass wir uns vor allem die Haltung der beiden Frauen genauer anschauen. Vielleicht können wir uns ja für unseren eigenen Alltag eine Scheibe abschneiden. :-)
Also noch einmal von vorne: Maria hat gerade etwas im wahrsten Sinne des Wortes „Weltbewegendes“ erlebt. Ein Engel ist ihr erschienen und hat ihr gesagt, dass sie den Messias, auf den schon alle sehnsüchtig warten, empfangen und gebären soll. Und der Heilige Geist, die Liebe Gottes, hat sie so sehr im Innersten ergriffen, dass sie in ihr Mensch geworden ist.
So etwas kann man nicht für sich behalten. Das muss geteilt werden. Wie teilt Maria?
1. Sie teilt mit ausgewählten Personen, die sich auch wirklich für diese Nachricht interessieren,
2. sie teilt eine gute Nachricht und
3. niemand hat einen Nachteil davon.
Ich finde, das ist eine wunderbare Leitlinie fürs Teilen von Nachrichten.
„… als Elisabet den Gruß Marias hörte, hüpfte das Kind in ihrem Leib.“ (Lukas 1,41) Eine Nachricht braucht immer einen Sender und einen Empfänger. Lassen wir uns so sehr auf das, was wir hören oder sehen ein, dass wir tief in unserem Inneren bewegt werden? Oder sind wir so sehr überflutet von Informationen, dass wir dazu gar keine Kraft mehr haben?
Wie können wir wieder neu so wachsam und aufmerksam da sein (vgl. LS 226), dass wir sogar das, was „zwischen den Zeilen“ steht und gar nicht ausgesprochen wurde wahrnehmen? Immerhin hat Maria noch gar nichts erzählt und trotzdem ruft Elisabet schon aus: „Gesegnet bist du unter den Frauen und gesegnet ist die Frucht deines Leibes. Wer bin ich, dass die Mutter meines Herrn zu mir kommt?“ (Lukas 42f) Sie sieht den verborgenen Schatz, der in Maria schlummert und spricht es aus: „Du bist gesegnet. Ein Schatz ist in dir.“
Segnen ist an diesem vierten Adventsonntag auf dem Weg hin zu Weihnachten unsere besondere Aufgabe. Ich bitte ein Kind, die Schildkröte, die schon die ganze Zeit mit uns unterwegs ist, zu unserer nächsten Station „segnen“ zu begleiten.
Und wir wollen natürlich nicht nur über das Segnen sprechen, sondern es auch tun: Segnen wir unseren Sitznachbarn oder unsere Nachbarin indem wir ihr zusprechen: „Du bist gesegnet. Ein Schatz ist in dir.“ (Durchführung)
Kehren wir zurück ins Bergland von Judäa: Elisabet entdeckt den Schatz, der verborgen ist. Sie schaut sozusagen hinter die Kulissen und durch ihre Reaktion bringt sie bei Maria den Lobpreis hervor: „Meine Seele preist die Größe des Herrn und mein Geist jubelt über Gott meinen Retter.“ Dieses Jubeln in Maria bewirkt Elisabeth, indem sie das sieht, was dahintersteckt und indem sie es segnet. Für mich ist das ein Aufruf, hinter die Kulissen zu schauen. Bei Menschen, die mir begegnen. Aber auch bei allem anderen. „Wenn jemand nicht lernt innezuhalten, um das Schöne wahrzunehmen und zu würdigen, ist es nicht verwunderlich, dass sich für ihn alles in einen Gegenstand verwandelt, den er gebrauchen oder skrupellos missbrauchen kann.“ (LS 215) schreibt Papst Franziskus in der Enzyklika Laudato Si.
„Meine Seele preist die Größe des Herrn und mein Geist jubelt über Gott meinen Retter.“ (Lukas 1,46) Wäre es nicht cool, wenn auch wir durch unser segnendes Verhalten so eine aufatmende jubelnde Reaktion bei Menschen und sogar der ganzen Schöpfung auslösen würden? Einfach indem wir schauen, was steckt da dahinter? Egal ob im Gespräch oder beim Einkaufen: Was steckt dahinter? Was steckt dahinter, wenn ich dieses oder jenes Produkt kaufe? Welches System unterstütze ich damit? Wo und was soll ich kaufen, damit dadurch Menschen unterstützt und gesegnet werden und die ganze Umwelt aufatmen kann?
Vielleicht muss ich aber Vieles auch gar nicht kaufen. Vielleicht reicht einfach nur eine herzliche Begegnung, aus der beide Seiten gesegnet und jubelnd hervorgehen. (Vgl. LS 222f)