Das Dunkle um uns ernst nehmen
Unsere Feier am Heiligen Abend begann in meiner Kindheit bei uns zu Hause immer so, dass wir uns in der Küche um den Adventkranz versammelten. Wie an den Adventsonntagen davor entzündeten wir eine Kerze nach der anderen. Nach einem Lied und dem gemeinsamen Beten zogen wir feierlich in das Wohnzimmer und entzündeten mit dem Licht des Adventkranzes die Kerzen am Christbaum. Bevor dann das Singen und Feiern so richtig losging, wurde die Terrassentüre geöffnet und der Adventkranz mit den brennenden Kerzen ins Freie gestellt. Als ich meinen Vater fragte, wozu die Kerzen draußen brennen, wenn wir drinnen feiern, antwortete er: „Die Kerzen brennen für den Onkel Franzl, deine Großeltern und alle anderen Verstorbenen, die nicht mehr bei uns sind.“ So waren uns auch in dieser fröhlichen und festlichen Stunde die Verstorbenen nahe. Auch für sie brennt ein Licht! Dieses kurze Hinausstellen des Adventkranzes in die kalte Nacht hat unser Feiern nicht unterbrochen sondern unseren Feierkreis erweitert.
Manche Trauernden feiern Weihnachten gerade in den ersten Jahren nach dem Tod eines lieben und nahen Menschen gerne still, manchmal auch allein für sich. Sie spüren den Schmerz, dass es jetzt ganz anders ist, als noch im letzten Jahr. Aber gerade dieses bewusste Annehmen der neuen Situation kann heilsam und befreiend sein.
Vielleicht müssen wir das Dunkle um uns ernst nehmen, um das Licht in uns neu zu entdecken.
In diesem Gottesdienst sind wir auf dieser Spur. Wir suchen gemeinsam mit Ihnen und mit Euch dieses Licht.
Es ist das Licht der Tradition und Religion. Es ist das Licht des Glaubens, dass Gott es trotz allem, was uns schmerzt und kränkt, gut mit uns meint.
Von diesem Licht haben wir in der Lesung aus dem Buch des Propheten Jesaja gehört. Es ist die Lesung, die bei der Mette in der Heiligen Nacht vorgelesen wird.
Dieses Licht, dieses Kind kann der Versuch einer Antwort werden auf die Fragen, die die Traurigkeit stellt. Im Schmerz des Alleinseins entdecken wir die Verbundenheit mit unseren Verstorbenen neu. Das Licht des Vertrauens kann uns gerade zu Weihnachten zeigen, dass wir mit ihnen verbunden bleiben und dass sie jetzt im Licht zu Hause sind bei diesem göttlichen Kind. AMEN!