Bist du ein König?
Diese Frage richtet Pilatus an Jesus. Wer die Evangelien kennt wird diese Frage wohl mit einem „Ja“ beantworten können. Denken wir an die Sterndeuter, sie sind auf der Suche nach dem neugeborenen König der Juden, weil sie seinen Stern haben aufgehen sehen. In Jerusalem wird Jesus als Nachkomme des König Davids begrüßt. Letztendlich gibt ein Schild am Kreuz die Schuld für sein Todesurteil an, „König der Juden“. Hier nur ein paar Gründe für dieses Ja.
Was für ein Bild haben wir heute von Jesus. Sicher nicht jenes eines Monarchen. In unserem Sprachgebrauch verwenden wir eher Sohn Gottes, Herr, Heiland, Bruder, Freund. Aber: König? – Wie ist das zu verstehen?
Die Bibel erzählt im Ersten Testament, wie mit Gottes Zustimmung Könige im Volk Israel eingesetzt werden. An David ergeht dann die Verheißung Gottes, dass seine Nachkommen ewig in Jerusalem herrschen würden. Doch es kam anders. Die David-Dynastie bricht mit dem Babylonischen Exil ab und in den Jahrhunderten danach entsteht die Hoffnung, dass Gott doch einen neuen König schicken wird und so sein Versprechen wahrmacht.
Einige Menschen haben Jesus für diesen erwarteten König gehalten – andere aber nicht. Schließlich wurde er als vermeintlicher König verspottet. Als Thronanwärter und politischer Unruhestifter wird Jesus schließlich hingerichtet. Die Menschen damals haben Jesus für einen König gehalten. Aber damit ist er noch nicht König – hier und jetzt und für uns.
Das Christkönigsfest, das am Ende des Kirchenjahrs steht, möchte uns das Königsein Jesu sichtbar machen. Jesus, der im Auftrag Gottes über die Völker Gericht halten wird, ist biblisch meist nicht mit dem Titel „König“ verbunden, sondern mit dem Begriff „Menschensohn“. Der Menschsohn verkörpert die Hoffnung auf Gottes Treue. Er begegnet uns in den Evangelien vor allem wenn von Menschen die Rede ist, die an ihrer Gegenwart verzweifeln, weil sie sie als heillos erleben, und die hoffend und sehnsüchtig ihre Hand nach Gott ausstrecken.
Der menschgewordene Gott Jesus, wird das letzte Wort in dieser Welt haben und nicht Krankheit, Unterdrückung, Leid oder Tod.
Aber, gibt es Gerechtigkeit und Heil nur am Ende der Zeiten? Ist das nicht eine Jenseitsvertröstung? Ja, aber es ist ein Weg, die Hoffnung auf Gerechtigkeit und Frieden für die Toten und die Opfer der Geschichte nicht aufzugeben.
Im Gespräch zwischen Pilatus und Jesus, hören wir die Erläuterung zum Königsein Jesus, wenn er sagt: „… Ich bin dazu geboren und dazu in die Welt kommen, dass ich für die Wahrheit Zeugnis ablege. Jeder, der aus der Wahrheit ist, hört auf meine Stimme.“ Das ist seine Beschreibung von Königtum. Aber wir wissen, dass die Macht der Wahrheit eine nicht zu unterschätzende Form der Macht ist: Diktaturen schränken aus gutem Grund Presse- und Meinungsfreiheit ein. Einfach nur zu sagen, was Sache ist, kann enorme Sprengkraft haben.
Wenn Jesus im Johannesevangelium davon spricht, dass er von der Wahrheit Zeugnis ablegt, ist aber noch mehr und anderes gemeint. Gemeint ist die Wahrheit, die von Gott kommt und die Gott selbst letztlich ist. Deshalb kann Jesus von sich sagen: „Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.“ (Joh 14,6) Er nimmt hier eine Rolle ein, welche die Bedeutung jedes menschlichen Königtums weit überschreitet.
Das Verständnis des Königtums Jesu setzt jedoch voraus, dass man glaubt und akzeptiert, dass Jesus diese Position wirklich innehat. In unserer Pluralen Welt ist eine solche Sicht ein schwer verdaubarer Brocken, da muss man sich nichts vormachen, denn da steckt ein absoluter Wahrheitsanspruch in dieser Aussage. Wir stehen hier vor riesigen Herausforderungen, wenn wir mit Menschen in den Dialog treten wollen, die Jesus nicht als einzigen Zeugen der Wahrheit gelten lassen. In einen Dialog mit Andersdenkenden zu treten setzt immer ein gemeinsames Ringen voraus um die Wahrheit zu entdecken. So sind wir Christinnen und Christen aufgerufen nach der Wahrheit, die Jesus verkündet hat, zu suchen. Aus dieser Haltung heraus können wir unsere Welt durch unser christlich-solidarisches Handeln ein Stück friedlicher, gerechter und nachhaltiger gestalten.
Kurz gesagt, dass Jesus Christus unser König die Wahrheit Gottes und der Welt bezeugt, müssen wir Christinnen und Christen durch unser beispielhaftes Leben jeden Tag neu bezeugen und sichtbar machen. Amen.