Der Lohn Gottes
Wir leben in einer Zeit, wo alles exakt berechnet werden kann. Jede Arbeitsstunde wird genau abgerechnet und man bekommt in den meisten Fällen den entsprechenden Lohn dafür, der laut Dienst- oder Kollektivvertrag vereinbart ist. Klingt das gehörte Evangelium gegenüber den Arbeitern der ersten Stunde da nicht unfair? Ist es wirklich unfair? Oder ist es nur der Neid gegenüber anderen?
Es ist nicht herauszuhören, warum die Arbeiter der elften Stunde nicht vorher arbeiten konnten, aber sie waren zumindest arbeitswillig. Dieses Gleichnis wäre sicher nicht weitererzählt worden, wenn der Gutsherr die Lohnauszahlung bei den Ersten begonnen hätte. Vielleicht hätten sie gar nicht bemerkt, dass die Letzten den gleichen Lohn bekommen haben. Aber genau das ist die Pointe, dass er die Lohnauszahlung bei den Letzten beginnt.
Gott gibt aus seiner Güte heraus auch den Letzten genauso viel wie den Ersten. Nicht Gott ist hier ungerecht, die Haltung der ersten Arbeiter ist es. Sie haben ihren vereinbarten Lohn erhalten, aber sie sind neidisch, weil die anderen für weniger Arbeit dasselbe bekommen haben.
Jesus erzählt dieses Gleichnis im Hinblick auf den Glauben der Menschen. Da gibt es viele die von Anfang an fromm und gläubig sind. Die – wie wir hier in der Kirche – sonntags den Gottesdienst besuchen, an unterschiedlichen religiösen Veranstaltungen und Feiern teilnehmen und denen das Gebet wichtig und wertvoll ist. Das sind die Arbeiter der ersten Stunde. Sie erhalten den vereinbarten Lohn – symbolisch einen Denar – letztlich ist es das Himmelreich, das uns zugesagt wird.
Dann gibt es jene die sich ihr Leben lang mit ihrem Glauben herumschlagen. Die Zweifel haben, die vielleicht nur bruchstückhaft ihren Glauben zu leben versuchen. Auch sie erhalten ihren Lohn – es ist ebenfalls das Himmelreich. Ja, sogar derjenige, der sich in der Todesstunde noch zu Gott bekehrt, wird in das Himmelreich aufgenommen. Es ist keine Gerechtigkeit die nach unseren Gesetzen und mathematischen Kenntnissen berechnet werden kann. Es ist eben die Logik der Barmherzigkeit Gottes. Er möchte, dass alle bei ihm sind. Er nimmt dabei den Ersten nichts weg! Die Gerechtigkeit von Gottes-Lohn richtet sich in erster Linie nach seiner Güte und Barmherzigkeit.
Jesus macht nicht Angst mit dem Gericht – so wie es auch heutzutage noch von manchen Unheilpropheten durch ihre Privatoffenbarungen verkündet wird – sondern er sagt, dass nicht jeder gleich leistungsfähig ist. Nicht jeder hat das Glück, dass er eine religiöse Erziehung im Elternhaus erfahren hat. Nicht jedem geht es gleich gut. Wenn wir unsere Möglichkeiten einsetzen – und sind es auch nicht viele – so können wir gewiss sein, dass Gott nicht kleinlich sein wird. Das Gleichnis ist ein Zuspruch an uns alle. Es soll uns hoffnungsvoll und zuversichtlich stimmen. Das Gleichnis will uns auch sagen, dass wir am Ende nicht von einem richtenden Gott erwartet werden, sondern von einem barmherzigen, der das, was wir nicht geschafft haben, selbst dazu gibt. Wer selbst nichts hat, dem gibt Gott aus seiner Güte heraus umso mehr dazu. Letzter Sinn des Gleichnisses ist, dass wir unser neidvolles Denken hinterfragen sollen.
Dieses Evangelium ist auf keinen Fall ein Aufruf zur Faulheit im Glauben. Nach dem Motto: „Na wenn die letzte Stunde reicht, wozu soll ich mich dann anstrengen?“ Der Wille zum Engagement für das Reich Gottes hier auf Erden sollte schon gegeben sein. Sich gerade um die Letzten zu sorgen, die trotz unseres tollen Sozialsystems auf der Strecke bleiben, die auf der Suche nach einer neuen Heimat sind und all jenen die eine andere Hautfarbe und eine andere Muttersprache haben. Bereits in der Taufe wird uns grundgelegt, dass wir mit offenen Augen und Ohren ins Leben gehen, dass wir Unrecht beim Namen nennen sollen und mit Rückgrat zu unserem Glauben stehen sollen. Kurz gesagt, dass wir das Gebot der Nächstenliebe nicht nur kennen, sondern auch danach leben.
Es wird nicht ausbleiben, dass wir trotz aller Bemühungen hinter dem Anspruch Gottes zurückbleiben. So wie dem Apostel Thomas fällt es uns nicht immer leicht zu glauben. Manchmal finden Menschen erst spät, oder vielleicht in ihrer Todesstunde, zum Glauben. Uns und ihnen allen sagt Jesus mit diesem Gleichnis: Gott ist nicht einer, der auf unsere Fehler schaut, sondern einer der das Gute an uns vermehrt und uns so in sein Reich aufnehmen möchte. Amen.