Über die Hoffnung...
„Seid stets bereit, jedem Rede und Antwort zu stehen, der von euch Rechenschaft fordert über die Hoffnung, die euch erfüllt.“ Dieser Satz aus der Lesung treibt mich seit vielen Jahren um, mal mehr, mal weniger. Aber immer wieder fällt er mir ein oder ich stolpere darüber. Zwei Aspekte möchte ich heute beleuchten: Der erste ist der schwierigere für mich: Ich bin jederzeit bereit, Rede und Antwort zu stehen. Das war für mich der Grund, vor über 20 Jahren mit dem Theologiestudium zu beginnen. Ich wollte erklären können, was ich glaube, wollte mich rechtfertigen können. Das hat schon vor 20 Jahren nicht funktioniert, denn mit dem Studium kamen immer mehr Fragen als Antworten. Und ein Problem, das ich heute habe ist, dass mich (fast) niemand fragt. Das ist nun das Ziel, auf das ich „hinarbeite“: ich möchte gefragt werden. Dazu muss zumindest irgendetwas von dieser Hoffnung in mir aufleuchten und nach draußen dringen. Im Johannesevangelium heißt es: an ihren Früchten werdet ihr sie erkennen. Gerade jetzt in dieser Corona-Zeit gab es medial bzw. im Internet viele Diskussionen über Gottesdienste: Geistermessen, Privatfeiern mit Elite, Eucharistiefeiern über Radio und Fernsehen und viele Diskussionen darüber. Gleichzeitig wurde Kirche angefragt: was tun wir für die Armen? Vieles ist im Stillen geschehen, vielleicht haben Sie selbst dazu beigetragen oder davon profitiert. Aber das Gute eignet sich nicht immer für Schlagzeilen, es eignet sich aber durchaus für das ewige Leben.
Der zweite Aspekt ist der zweite Teil dieses Satzes aus dem Petrusbrief: „antwortet aber bescheiden und ehrfürchtig, denn ihr habt ein reines Gewissen.“ Bescheiden und ehrfürchtig sollen wir also antworten. Das bedeutet für mich, vorsichtig in meinen Aussagen über Gott und über den Glauben zu sein. Niemand von uns „weiß“ wirklich etwas. Wir glauben, das heißt, wir machen uns fest in einem Grund, den wir Gott nennen, den wir als Personen denken, dem wir nahe kommen können. Es ist eine schöne Vorstellung für mich, sich über diesen ganz persönlichen Aspekt des Glaubens auszutauschen, Platz zu machen für Zweifel und zuzugeben, dass wir alle miteinander auf dem Weg sind. Dieser Weg kann ganz unterschiedlich sein, im Sinn von Spiritualitäten, Zugängen, religiöser Praxis. Solange ich dadurch die Freiheit anderer nicht beschneide oder behaupte, dass mein Weg der einzig wahre ist, ist das ein großer Reichtum, den wir zusammentragen können. Aber manchmal habe ich das Gefühl, dass wir religiös sprachlos geworden sind. Die Gründe dafür sind vielfältig, aber sie hindern uns nicht daran, wieder zu lernen, über Gott und die Welt ins Gespräch zu kommen. Der heutige Psalm ist für mich so ein Beispiel für „gelungenes Sprechen“ über Gott – ein großes Loblied. Aber es gibt auch andere Psalmen, die von Klage und Flehen durchzogen sind. Das Lied, das wir Gott singen, ist auf jeden Fall mehrstimmig – und das ist gut so! Amen.
Elisabeth Fritzl