Die zarteste Versuchung
Sie kennen sicher den Werbespruch, wo es um die zarteste Versuchung geht. Dieses süße Etwas in lila Papier gehüllt. Egal ob man das lila Produkt sieht oder ob man die beiden Worte „zarteste Versuchung“ hört, man weiß wofür geworben wird. Man bekommt vielleicht sogar Aquaplaning auf der Zunge.
Vergangenen Mittwoch hat der 40-tägige Aufbruch zum Osterfest begonnen. Bei der Auflegung des Aschenkreuzes wurde uns zugesagt, dass wir umkehren und an das Evangelium glauben sollen. Gleichzeitig wird man durch die Asche auch an die eigene Endlichkeit erinnert. Asche reinigt, sie wird auch zum Säubern von verrußtem Kaminfensterglas oder zur Reinigung von Silber verwendet.
Die Fastenzeit ist mehr als ein mehrtägiges Entschlackungsmodell, damit man den Bierbauch wegbringt oder die optimale Figur für den Bikini oder Badeanzug bekommt. Es werden uns 40 Tage geschenkt, um aufmerksam das eigene Denken, Reden und Handeln zu betrachten. Es ist eine Einladung vor allem auch meine Beziehung zu Gott anzuschauen. Ich versuche mir gerade vorzustellen, wie Jesus sich in die Wüste zurückzieht und dort seine Beziehung zu seinem Vater, vor allem aber auf seinen Auftrag, betrachtet. Nach den 40 Tagen der Entbehrung, die uns auch an die 40-jährige Wüstenwanderung des Gottesvolkes, nach dem Auszug aus Ägypten, erinnern soll, tritt ihm der Verwirrer (= die Übersetzung für Satan) entgegen und er muss sich quasi in einem Bibelvers-Duell behaupten.
Wie denken Sie über Gott und seinen Sohn? Gott, der seinen Sohn bis zum Äußersten auf die Probe stellt. In der Passion werden wir wieder hören, wie Jesus am Ölberg darum ringt, ob er den Auftrag seines Vaters richtig verstanden hat. Am Kreuz erfährt Jesus die Gottferne und er rezitiert, unter größten Schmerzen, den Psalm 22 „Mein Gott, warum hast du mich verlassen.“ Erst nach seiner Auferstehung werden seine Freundinnen und Freunde verstehen, dass Gott uns damit gezeigt hat, dass der Tod nicht das letzte Wort hat und dass Jesus, in den wenigen Jahren seines Wirkens, mit seinem Erzählen über Gott, eine neue Perspektive eines Lebens in Fülle schenkt.
Umkehren heißt auch darüber nachzudenken wie ich mit Menschen umgehe. Werde ich neidisch, weil mein Gegenüber reicher ist als ich, oder weil er ein größeres Auto oder Haus besitzt?
Wie halten Sie es mit dem Denken und Reden über ihre Mitmenschen. Stehen Sie nicht auch immer wieder in der Versuchung „ÜBER“ die Menschen zu reden, statt mit ihnen?
Ich möchte mit einer Geschichte abschließen. Vielleicht kennen Sie diese Geschichte, in der auf dieses „ÜBER“ jemanden reden eingegangen wird, aber ich sie ist es wert, immer wieder zu hören.
Eines Tages kam einer zu Sokrates und war voller Aufregung.
„He, Sokrates, hast du das gehört, was dein Freund getan hat? Das muss ich dir gleich erzählen.“
„Moment mal,“ unterbrach ihn der Weise. „hast du das, was du mir sagen willst, durch die drei Siebe gesiebt?“
„Drei Siebe?“ fragte der Andere voller Verwunderung.
„Ja, mein Lieber, drei Siebe. Lass sehen, ob das, was du mir zu sagen hast, durch die drei Siebe hindurchgeht.
Das erste Sieb ist die Wahrheit. Hast du alles, was du mir erzählen willst, geprüft, ob es wahr ist?“
„Nein, ich hörte es irgendwo und . . .“
„So, so! Aber sicher hast du es mit dem zweiten Sieb geprüft. Es ist das Sieb der Güte. Ist das, was du mir erzählen willst - wenn es schon nicht als wahr erwiesen ist -, so doch wenigstens gut?“
Zögernd sagte der andere: „Nein, das nicht, im Gegenteil ...“
„Aha!“ unterbrach Sokrates. „So lass uns auch das dritte Sieb noch anwenden und lass uns fragen, ob es notwendig ist, mir das zu erzählen, was dich erregt?“
„Notwendig nun gerade nicht ...“
„Also“, lächelte der Weise, „wenn das, was du mir erzählen willst, weder erwiesenermaßen wahr, noch gut, noch notwendig ist, so lass es begraben sein und belaste dich und mich nicht damit!“
Nutzen wir die kommenden vierzig Tage um unser Denken und Reden mit, und vor allem „über“ die Menschen, immer wieder durch das Sieb der Wahrheit, der Güte und der Notwendigkeit zu sieben. Glauben Sie mir diese Übung ist schwieriger als der lila Versuchung zu widerstehen.
Werner Figo