Mehr und glücklicher leben
Es ist schon einige Jahre her, als eben dieses Evangelium aus der Bergpredigt in der Kapuzinerkirche von Irdning verkündet wurde. Der altgewordene Pater beschwor die Mitfeiernden der Sonntagsmesse sehr eindringlich, sich mit alten Feinden zu versöhnen und Barmherzigkeit walten zu lassen. Mit vielen anschaulichen Beispielen beschrieb er, wie wir uns selbst das Leben schwer machen, wenn wir unversöhnt bleiben. Auch die Eder Mirzl und die Bogner Anni waren wie jeden Sonntag in der Kirche. Es waren Nachbarinnen aus dem Weiler Raumberg, beide schon über siebzig. Seit über 30 Jahren hatten sie kein Wort mehr miteinander geredet, obwohl sie sich fast täglich sahen. Damals hatte es irgendeine Auseinandersetzung wegen der Kinder gegeben – was ganz genau passiert war, wissen sie gar nicht mehr – aber sie waren seit dem böse aufeinander. Es herrschte Eiszeit zwischen ihnen. Nach der Sonntagsmesse und dieser Predigt über die Versöhnungsbereitschaft trafen sich die beiden Nachbarinnen am Kirchplatz. Da fasste sich die Anni ein Herz und sagte zur Mirzl: San ma wieder guat! Darauf die Mirzl: Jetzt zohlt sich a nimma aus!
Jesus predigt: Schließ ohne Zögern Frieden mit deinem Gegner, solange du mit ihm noch auf dem Weg zum Gericht bist! Mt 5,25 Verlangt Jesus Unmögliches? Reichen ihm nicht die 10 Gebote im Original? Muss er sie so radikalisieren, dass er jedes Schimpfwort, jedes begehrliche Anschauen, jedes Schwören und die Ehescheidung verbietet? Legt er uns damit nicht untragbare Lasten auf?
Jesus will uns den Schlüssel zu einem befreiten Dasein geben. Er will uns ermutigen versöhnt, ausgesöhnt zu leben. Es geht nicht darum, irgendwelche Gesetze zu erfüllen, um der Gesetze willen. Es geht nicht darum als Hochleistungsasket möglichst viele Gutpunkte bei Gott zu sammeln. Jesus weiß, das größte Hindernis auf dem Weg zu Gott und auch zu mir selbst ist es, nicht verzeihen zu können. Unversöhntheit ist wie ein Staudamm aus Millionen Tonnen Stahlbeton gegen den natürlichen Fluss der Liebe. Keine/r von uns geht unverletzt durchs Leben und es gibt genügend gute Gründe andere zu hassen oder ihnen zumindest zu grollen. Aber wir müssen nicht! In der Absicht dem anderen zu verzeihen und in der Bereitschaft auch den Schmerz der Verletzung anzunehmen, liegen die Kräfte der inneren Heilung.
Jesus öffnet uns mit seiner Auslegung der 10 Gebote einen Weg zu einem geglückten Leben. Er macht es uns nicht schwerer. Er löst uns den Krampf der Verbitterung. Mehr und glücklicher leben können – zahlt sich immer aus. Amen!
Wolfgang Schwarz